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Informatik und Elektrotechnik geben den Takt an

Wie ein interdisziplinäres Projekt an der FH Aachen das gemeinsame Musizieren über große Distanzen ermöglicht – und warum es auch nach der Pandemie relevant bleibt

Im Sommersemester 2022 saß Stephan Borucki, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der FH Aachen, betrübt allein Zuhause. Der Hochschulchor, dem er angehört, konnte sich pandemiebedingt nicht mehr treffen – das gemeinsame Singen fiel aus. „Für viele im Chor war das nicht nur musikalisch, sondern auch emotional ein großer Einschnitt“, erinnert sich Borucki.

Doch dann stieß er auf die Open-Source-Software Jamulus, mit der es möglich ist, live und synchron über das Internet zu musizieren. Das Problem: Die Einrichtung der Software war für technisch weniger versierte Chormitglieder eine große Hürde. Also hatte Borucki eine Idee und fand in drei Studierenden tatkräftige Mitstreiter: Marcal Paturej, An-Phong Pham und Nils Angelmann.

Interdisziplinär zum Ziel

Im Rahmen eines interdisziplinären Projekts machten sich die angehenden Informatiker und Elektrotechniker daran, Jamulus auf einem einfach zu bedienenden Einplatinencomputer lauffähig zu machen. Gemeinsam entwickelten sie einen Prototypen, bei dem das komplexe Setup auf ein Minimum reduziert wurde. „Man schließt Kopfhörer und Mikrofon an, startet das Gerät und kann sofort loslegen“, erklärt Nils Angelmann. „Uns war wichtig, dass es auch für Laien funktioniert.“

Gleichzeitig untersuchte das Team die Übertragungsqualität mit Hilfe von Funktionsgenerator, Oszilloskop und einem eigens entwickelten Messgerät. Die Ergebnisse präsentierten sie nicht nur innerhalb der Hochschule, sondern auch auf Elektor, einer Online-Plattform für angewandte Elektronik, sowie der offiziellen Website der Software. Über 1.800 Leserinnen und Leser hat das Projekt allein auf Elektor bereits erreicht.

Musikalische Brücken bauen

Auch wenn Präsenzproben inzwischen wieder möglich sind – die Möglichkeiten, die Jamulus bietet, sind geblieben. „Man kann mit Menschen musizieren, die hunderte Kilometer entfernt wohnen“, sagt Stephan Borucki. „Das ist nicht nur technisch spannend, sondern auch gesellschaftlich wertvoll. Musik verbindet über Stadtgrenzen, Ländergrenzen, manchmal sogar Sprachgrenzen hinweg.“

Für Nils Angelmann war das Projekt eine besondere Erfahrung: „Wir haben gemerkt, wie gut sich Informatik und Elektrotechnik ergänzen können. Jeder brachte eine andere Perspektive ein – und am Ende stand ein funktionierendes System, das wirklich genutzt wurde. Das war toll.“

Zukunft mit Potenzial

Das Projekt könnte in Zukunft weitergeführt und ausgebaut werden. Der entwickelte Prototyp ließe sich weiter optimieren und in größeren Gruppen einsetzen. Das notwendige Equipment können sich Hochschulangehörige bei Stephan Borucki ausleihen – er steht auch für die Einrichtung der Technik zur Verfügung. Vielleicht entstehen schon bald neue musikalische Verbindungen quer durch Europa.

„In der Pandemie war Jamulus eine Notlösung“, resümiert Borucki. „Aber mit dem richtigen Setup ist es heute eine echte Chance für Chöre, Bands oder einfach Musikbegeisterte, die gemeinsam kreativ sein wollen, egal wo sie gerade sind.“

 

Der FH Aachen Hochschulchor sucht übrigens noch Verstärkung im Tenor und im Bass.

Wer Freude am gemeinsamen Singen hat und Chorerfahrung mitbringt, kann sich gerne melden bei Mirka Mörl, die den Chor seit seiner Gründung leitet.

moerlfh-aachen.de
https://www.fh-aachen.de/fh-aachen/hochschulleben/musik/hochschul-chor