Dirk Vogel, Schienenfahrzeugtechnik

Ich habe mein Studium an der FH Aachen mit dem Ziel begonnen, verlorene Zeit wieder aufzuholen. Nach meinem Abitur 2004 hatte ich vier Jahre gebraucht, etwas zu finden, das ich konnte und mochte. Es war der Beruf des Lokführers. Aber im Berufsalltag wurde mir schnell klar, dass das ein ehrbarer und harter Beruf ist, den ich mit Stolz ausgeführt hätte, der mich aber nicht glücklich gemacht hätte bis ich 70 bin. Ich konnte mehr und wollte mehr. Ich musste/durfte mir selbst den Weg suchen, der meine Vita beschreiben sollte: „Abitur – Lokführer – Ingenieur für Schienenfahrzeugtechnik FH Aachen“. Das klang gut. Wie steinig der Weg werden sollte, war mir nicht klar.

Zu Beginn meines Studiums war ich 27 Jahre alt und musste hart arbeiten, um mein Studium zu packen und mein Geld zu verdienen. Gewohnt habe ich damals nicht in Aachen. Das Studentenleben in Aachen habe ich nicht kennengelernt. Es war mir aber auch nicht wichtig. Mein soziales Umfeld war und ist in Köln. Daher bin ich täglich nach Aachen gependelt und habe fast jede Veranstaltung präsent wahrgenommen. Der direkte Kontakt war mir wichtig und wurde mit Namen im Flur gegrüßt.

Das Lehrpersonal kannte mich, weil ich offensichtlich den FH-Stil der Veranstaltungen brauchte und die Gelegenheiten zu persönlichem Kontakt bei Vorlesungen im Saal und Praktika/Übungen nutzte. Den hatte ich auch bitter nötig. Sehr dankbar bin ich im Besonderen den Damen und Herren der Mathematik und den Herren der Thermodynamik, Physik und Elektrotechnik für ihre Geduld und Hilfsbereitschaft. Der Berg an Arbeit, den man nach der ersten Klausurphase sieht und der noch vor einem liegt, bis man das Studium hinter sich hat, schien oft unüberwindbar. Als ich meine letzte Thermodynamik-Klausur (selbstverständlich im Drittversuch) bestanden hatte, war die Bachelorarbeit nur noch Formsache: "Daran wird Dein Studium nicht mehr scheitern."

Wir haben in der Schienenfahrzeugtechnik mit ca. 20 Studierenden im September 2011 angefangen. Zwei von uns sind vorneweg durch die Klausuren gegangen, haben das Studium in Regelstudienzeit gepackt. Der Rest brauchte länger oder ist gescheitert. Ich habe gelernt, dass dieses Studium jeder, der für das 1. Semester zugelassen ist, auch packen kann, wenn man folgendes verinnerlicht: Das Studium hat (neben der Familie) immer Prio 1. Du beißt Dich da durch. Denn Du willst das schaffen, für Dich, für keinen anderen. Du lässt Dich nicht entmutigen und erntest die Früchte: Ingenieursstudium geschafft - an der FH Aachen. Das ist was!

Als Professor Hemme (damals Prüfungsausschussvorsitzender) nach offizieller Überreichung der Urkunden zu mir sagte: "Herr Vogel, ich hätte nicht gedacht, dass Sie das schaffen" und mich beglückwünschte, hatte ich ein breites Grinsen auf dem Gesicht und einen Job bei der Eisenbahn, wo ich Tätigkeiten ausübe, die ich will und kann und die mich sagen lassen, dass mich mein Job glücklich macht. Ich fühle mich der FH Aachen heute immer noch tief verbunden und komme immer wieder gerne mal vorbei.

Im Job greife ich heute eher auf meine Erfahrungen aus der Berufsausbildung zurück, weil ich viel mit Werkstätten und Fahrpersonal kommuniziere. Daher war es für mich die richtige Entscheidung, ein Studium in der Branche zu machen, in der ich auch meinen Beruf erlernt habe und alte Kontakte zum beiderseitigem Vorteil reaktivieren konnte. Fachlich brauche ich mein Wissen aus dem Studium immer mal wieder, ob es nun um Konstruktion, Schweißen, Mechanik, Pneumatik, Regelungstechnik oder übergreifende Themen geht. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich bisher nicht nochmal solche Themen wie die komplexe Wechselstromrechnung oder die Laplace’schen Entwicklungssätze zu bearbeiten hatte.