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DFG-Förderung: FH-Institut stellt gleich zwei erfolgreiche Anträge

FH Aachen | Arnd Gottschalk
Das Institut für Nano- und Biotechnologien der FH Aachen (INB) hat gleich zwei erfolgreiche Anträge auf Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gestellt. Die beiden Vorhaben laufen jeweils über 3 Jahre, die Fördersumme beläuft sich insgesamt auf 870.000 Euro.
Forschungsprojekt "EnzyMB - Enzym- und Mikrobiell-basierte Biozementierung"
Das Forschungsprojekt "EnzyMB - Enzym- und Mikrobiell-basierte Biozementierung" beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Verfahrens, das die CO2-Emissionen in der Bauindustrie reduzieren soll. Auf Seiten des INB sind Prof. Dr. Petra Siegert und Prof. Dr. Johannes Bongaerts verantwortlich, Kooperationspartner ist Prof. Dr. Robert Huber von der Hochschule für angewandte Wissenschaften München.
Reduktion der Emissionen in der Bauindustrie
Auf die Bauindustrie entfallen rund 15 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Ein Weg zur Senkung der Emissionen ist der verstärkte Einsatz der Microbial induced calcite precipitation-Technologie (MICP). Die Technologie basiert auf der Bildung von Kalk durch Mikroorganismen. Loses Material – zum Beispiel Sand – kann auf diese Weise verfestigt werden, da an den Kontaktstellen der Sandkörner verfestigende Kalkbrücken gebildet werden. Anwendungsmöglichkeiten liegen etwa bei der Staubbindung, der Straßen- oder Bodenstabilisierung, selbstheilendem Beton oder der Herstellung von Bioziegeln. In der Bauindustrie wird bereits von einer "Construction Biotechnology" gesprochen, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.
Einsatz von Mikroorganismen
Die MICP kann durch verschiedene Mikroorganismen unter Nutzung unterschiedlicher Stoffwechselwege (Photosynthese, Ureolyse, Denitrifikation etc.) in Gang gesetzt werden. Eines der Schlüsselenzyme, die die Kalkbildung katalysieren, ist die Urease. Durch die hydrolytische Spaltung von Harnstoff (Urea) entstehen Carbonat-Ionen, die in Gegenwart von Calcium-Ionen und dem resultierenden hohen pH-Wert zu Calciumcarbonat/Kalk umgewandelt werden.
Enzyme als Alternative
Neben der MICP soll nun verstärkt auch die enzymbasierte Calcit-Präzipitation (EICP) als alternative Biozementierungs-Methode erforscht werden. Die EICP beschreibt dabei die Bildung von Kalkschichten mithilfe der Enzyme Urease und Carboanhydrase (CA). Der EICP werden diverse Vorteile im Vergleich zur MICP zugeschrieben, wie beispielsweise leichtere Handhabung durch den Verzicht auf Mikroorganismen, definierte Einsetzbarkeit von Enzymen sowie höhere mögliche Konzentrationen. Zudem können Enzyme auch in Kapillaren oder Mikrorissen wirken, da sie deutlich kleiner als Mikroorganismen sind.
Anwendungsmöglichkeiten sollen gezeigt werden
Im Rahmen des Vorhabens wird Prof. Siegert sich um die Enzymentwicklung kümmern, Prof. Bongaerts beschäftigt sich mit Stammauswahl und -entwicklung. Das geplante Vorhaben verfolgt als übergeordnetes Ziel die Etablierung einer Plattform für die Untersuchung und Bereitstellung von Mikroorganismen und Enzymen für das Gebiet der Biozementierung (MICP und EICP). Hierbei soll mindestens eine technisch relevante und rekombinant produzierbare CA produziert werden und die Funktionalität im Labormaßstab und den anvisierten Anwendungen der Biozementierung, vor allem die Porenfüllung von Recyclingbeton-Granulat, gezeigt werden.

INB
Projekt zur Unterstützung von Transplantationsprozessen
Unter der Leitung des INB-Direktors Prof. Dr. Michael J. Schöning wird das zweite geförderte Projekt vorangetrieben, es trägt den Titel "Sensoranordnung auf Basis des Seidenspinnerproteins Fibroin zur Unterstützung von Transplantationsprozessen (SensoFib)".
Einsatz von Sensoren im Körper
Biokompatible elektronische Bauelemente ("green electronics") gewinnen in jüngster Zeit zunehmend an Bedeutung, insbesondere im biomedizinischen Umfeld. So werden Sensoren beispielsweise in den Körper eingebracht, um Prothesen zu steuern oder wichtige Vitalparameter wie den pH-Wert, die Temperatur, die Sauerstoffsättigung oder die Glukosekonzentration zu überwachen. Die Verwendung von natürlichen und nachhaltigen Rohstoffen in der Medizin wird immer wichtiger, da solche biogenen Materialien für den Menschen gut verträglich sind und sich – verbaut in Sensorchips – bioabbaubar verhalten.
100.000 Hauttransplantationen pro Jahr
Ein wichtiges Einsatzfeld für solche (Bio-)Sensoren sind Hauttransplantationen. Jährlich finden in Deutschland rund 100.000 chirurgische Eingriffe statt, bei denen erkranktes Gewebe ausgetauscht oder Lappentransplantationen an Haut und Unterhaut vorgenommen werden. Mikrovaskuläre Lappentransplantationen gehören zu den aufwändigsten und kostspieligsten chirurgischen Operationen. Die Herausforderung liegt in der Präparation der Gefäßversorgung und dem Anschluss der Gefäße im Defektbereich. Obwohl die Lappenplastik einen der am häufigsten plastisch-chirurgisch vorgenommenen Eingriffe darstellt, versagt in vielen Fällen der Blutfluss durch Zusetzen des Gefäßes bereits kurz nach dem Eingriff. In diesem Fall ist die unmittelbare chirurgische Revision der einzige Weg, um die Durchblutung des Transplantates wiederherzustellen.
Fibroin ist biokompatibel und bioabbaubar
Das natürliche Seidenprotein Fibroin gehört aufgrund seiner kristallinen Proteinstruktur zu den stärksten natürlichen Fasern und repräsentiert so einen exzellenten Konstruktionswerkstoff. Fibroin ist biobasiert, biokompatibel und bioabbaubar, alles entscheidende Vorteile, um daraus Sensoren aufzubauen, die oberflächlich (z.B. in Wunden) oder auch als Implantate – etwa unmittelbar zwischen Lappentransplantat und ursprünglichem Defekt – in den Körper eingebracht werden können. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das INB seit etwa drei Jahren gemeinsam mit den beiden Firmen Fibrothelium GmbH und Meotec GmbH mit grundlagenorientierten Experimenten zur Erforschung von Membranen (Trägerfolien) auf der Basis des Seidenproteins Fibroin, das als biobasiertes, biokompatibles und bioabbaubares Substratmaterial weiterentwickelt und eingesetzt werden soll, um damit unterschiedliche Sensorfunktionalitäten abzubilden: Sensorstrukturen und Elektrodenanordnungen aus Magnesium gelten ebenfalls als bioabbaubar und biokompatibel.
Automatisierte Überwachung der Transplantation
Im Rahmen des Vorhabens soll erstmalig ein biohybrider, implantierbarer Sensor als Frühwarnsystem zur automatisierten Überwachung (Monitoring) der Gewebetransplantation in der Lappenplastik für den späteren in-vivo Einsatz entwickelt, prototypisch bereitgestellt und ex-vivo (z.B. in Hydrogelschichten) validiert werden. Kooperationspartner sind die Firmen Fibrothelium und Meotec aus Aachen mit Firmengründer Dr. Alexander Kopp und Dr. Benedetta Isella als Ansprechpartner vor Ort.

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