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Aus Grünabfällen Wasserstoff erzeugen

Nominiert für den Forschungspreis: Das Projekt eBioH2 von Prof. Dr. Nils Tippkötter

Mit anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung die Antworten auf aktuelle Fragen geben: Die Wissenschaftler:innen der FH Aachen forschen an Projekten, die am Puls der Zeit liegen. Auch in diesem Jahr würdigt die Hochschule mit dem Forschungspreis die Fachkompetenz und das Engagement von Professor:innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen. Der Preis stellt eine Würdigung der geleisteten Arbeit dar, soll aber auch Anreize schaffen, weiterhin praxisorientiert zu Forschung, Innovation und Transfer beizutragen. Der Forschungspreis 2023 wird verliehen am Freitag, 30. Juni 2023, um 14 Uhr im Gründungszentrum der FH Aachen, Eupener Straße 70, Gebäude C, 52066 Aachen.

 

Die nominierten Projekte

Nominiert sind in diesem Jahr drei Projekte:

  • SEWIA: Selective Electro-physical Weeding in Agriculture; Prof. Dr. Stephan Kallweit, Bastian Berg, Enno Dülberg, Artur Schander, MASKOR Institut; gemeinsam mit Matthias Eberius, Crop.Zone GmbH
  • LaVa-Schweißen als Enabler für die Energiewende; Prof. Dr. Markus Schleser, Lehrgebiet Fügetechnik und Trenntechnik, Lasertechnologie
  • eBioH2 - Elektrisch verstärkte mikrobielle Wasserstoffproduktion; Prof. Dr. Nils Tippkötter, Fachbereich Chemie und Biotechnologie

Im Vorfeld stellen wir Ihnen die drei Projekte vor, in diesem Beitrag geht es um das Projekt eBioH2.

Möglich wird alles durch Thermotoga neapolitina. Dieser Bakterienstamm hat zwei Vorzüge – er ist gefräßig und genügsam zugleich. Im Projekt eBioH2 von Prof. Dr. Nils Tippkötter (Fachbereich Chemie und Biotechnologie) werden die Mikroorganismen eingesetzt, um aus Grünabfällen Wasserstoff zu erzeugen. Der Forscher erklärt: "Das Besondere ist, dass unsere Prozesse bei relativ hohen Temperaturen ablaufen." Bei rund 80 Grad Celsius fühlt Thermotoga neapolitina sich am wohlsten – kein Wunder, schließlich wurden die Bakterien erstmals in einer heißen Vulkanquelle in der Bucht von Neapel entdeckt. Bei diesen Temperaturen sterben andere Mikroorganismen ab, der Fermentationsprozess im Bioreaktor kann also sehr kontrolliert ablaufen.

Heckenschnitt, Bananenschalen, Holzreste

Und der Bakterienstamm hat noch einen Vorzug – "er kann extrem viele Zuckersorten verstoffwechseln", wie Prof. Tippkötter erklärt. Und damit ist er prädestiniert für die Fermentation von Grünabfällen, schließlich können diese ganz unterschiedlich zusammengesetzt sein. Mit Heckenschnitt kommen die Bakterien ebenso zurecht wie mit Bananenschalen oder Holzresten. Vor der eigentlichen Wasserstofferzeugung werden die Grünreste zerkleinert, anschließend werden die darin enthaltenen langkettigen Polysaccharide durch Zugabe von verschiedenen technischen Enzymen in Monosaccharide zerlegt. Je nach stofflicher Zusammensetzung der Grünabfälle können Menge und Art der Enzyme variiert werden.

Robuster Prozess

Prof. Tippkötter und sein Team arbeiten im Rahmen des Projekts unter anderem mit den Stadtwerken Erft zusammen. "Wir haben 21 unterschiedlich zusammengesetzte Proben bekommen und den Prozess getestet", sagt der Wissenschaftler, "er hat sich als sehr robust erwiesen." Der nächste Schritt soll der Aufbau einer 40 Kubikmeter fassenden Versuchsanlage sein – 2025 könnte sie in Betrieb gehen. Dann könnten bis zu 500 Kubikmeter Wasserstoff pro Tag produziert werden; genug, um einen wasserstoffbetriebenen Bus für eine Strecke von 400 bis 600 Kilometern anzutreiben.

Reststoffe als Rohstoffquelle

"Das Thema Wasserstoff ist in aller Munde", betont Tippkötter, "wir beschreiten einen neuen Weg und nutzen Reststoffe als Rohstoffquelle." Die Anlagen ließen sich autark betreiben und seien somit gerade für einen Einsatz in abgelegenen Gebieten geeignet. Als Anwendungsbeispiel nennt er agrarwirtschaftlich geprägte Gegenden, wo viele Grünabfälle vorhanden sind und wo sich etwa landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge mit dem vor Ort erzeugten Wasserstoff betreiben ließen. Mit einer kleinskaligen, dezentralen Wasserstoffproduktion ließe sich zudem das Problem lösen, dass die Speicherung und der Transport von Wasserstoff aufwendig ist. Als Zusatznutzen ergibt sich zudem, dass die Reste des Produktionsprozesses als Biodünger verwandt werden können.

 

Am Projekt eBioH2 sind an der FH Prof. Dr. Isabel Kuperjans und Prof. Dr. Torsten Wagner beteiligt. Im Rahmen des Projekts entstanden zudem mehrere Abschlussarbeiten, Promotionen über das Promotionskolleg NRW sind geplant. Wissenschaftlicher Partner ist das Helmholtz-Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft des Forschungszentrums Jülich (Prof. Dr. Peter Wasserscheid).

Mit 10.000 Euro dotiert

Der Forschungspreis in Höhe von 10.000 Euro wird von der Bürgerstiftung der Sparkasse Aachen gestiftet und bei herausragender Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien zusätzlich aus dem Nachhaltigkeitsfonds der FH Aachen unterstützt.