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Neue Schnittstellen

Der Direktor des INB, Prof. Dr. Michael J. Schöning, arbeitet einen Monat lang als Gastprofessor in Japan. Gemeinsame Forschung mit der Waseda University wird ausgebaut. Doktorandin Zhengke Tu forscht derzeit am Campus Jülich.

 

Als das Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) im Jahr 2007 an der FH Aachen gegründet wurde, stand ein Thema im Vordergrund: Schnittstellen. Es ging und geht um Schnittstellen zwischen Nanotechnologie und Biotechnologie als Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, aber auch um Schnittstellen zwischen den Forschergenerationen und zwischen Wissenschaftsinstitutionen auf der ganzen Welt. Jetzt war der Direktor des INB, Prof. Dr. Michael J. Schöning, für einen Monat als Gastprofessor an der Waseda University in Japan, zukünftig will das INB-Team die gemeinsame Forschung mit den Kolleg:innen von der Waseda University intensivieren.

Seit 15 Jahren in Kontakt

Die Waseda University gehört zu den führenden privaten Hochschulen in Japan. Sie wurde 1882 gegründet, zu den mehr als 600.000 Absolvent:innen gehören auch mehrere japanische Premierminister. In den Anfangsjahren lag der Schwerpunkt bei den Gesellschaftswissenschaften, inzwischen verfügt die Waseda University aber auch über einen hervorragenden Ruf in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Im Jahr 2014 wurde die Waseda University in das renommierte Top Global University Program (TGU Program) aufgenommen, einer Initiative des Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT), um Lehre und Forschung ausgewählter Universitäten in die "Königsklasse" anzuheben. "Waseda Goes Global" möchte weltweit führende Wissenschaftler:innen und Stipendiat:innen für Kooperationen in Forschung und Lehre gewinnen, Ziel ist ein international etabliertes Netzwerk.

Im Rahmen dieses Austauschprogramms war Prof. Schöning bereits einige Male an der Waseda University, um eng mit Forschenden und Studierenden zusammen zu arbeiten. Prof. Dr. Takayuki Homma ist Executive Vice President for Academic Affairs and Research an der Tokioter Universität, als Professor am Department of Applied Chemistry ist er erster Ansprechpartner für die Kooperation mit dem INB. Prof. Schöning erzählt: "Prof. Homma und ich stehen seit mehr als 15 Jahren miteinander in Kontakt. Der Schwerpunkt der japanischen Kollegen liegt im Bereich der physikalischen Chemie. Beispiele sind die Entwicklung neuartiger Materialien und Nanokomposite für die Entwicklung von Brennstoffzellen und Devices sowie spektroskopische Analysetechniken." Die Forschungsaktivitäten der beiden Arbeitsgruppen sind komplementär angelegt, genau darin liege das große Potenzial der Zusammenarbeit: "Uns verbindet eine gemeinsame Grundidee."

Sporen auf der Spur

Beide Hochschulen betreiben seit einiger Zeit ein gemeinsames Forschungsvorhaben mit dem Ziel, das Degradationsverhalten von Sporen und Keimen während des aseptischen Abfüllprozesses besser zu verstehen. Bei der Befüllung von Getränkeverpackungen wird häufig Wasserstoffperoxyd zur Abtötung von möglichen Keimen eingesetzt. Das INB kann hierbei auf eine langjährige Expertise verweisen, die es ermöglicht, dieses Verfahren mittels kombinierter Gas- und Biosensorik zu überwachen und den erfolgreichen aseptischen Prozess zu validieren. Gleichzeitig gibt es allerdings nur wenig Information zum zeitlichen Degradationsverhalten der Sporen. Hierzu konnte die am Department of Applied Chemistry der Waseda University etablierte Technik der Raman-Spektroskopie entscheidend zum grundlegenden Funktionsverständnis beitragen. "Gemeinsam mit den japanischen Kollegen haben wir das Verfahren so angepasst, dass wir einzelne Sporen einfangen und ihren Degradationsprozess zeitaufgelöst beobachten können", sagt Prof. Schöning. Aus dem Forschungsvorhaben sind bereits zwei gemeinsame Veröffentlichungen hervorgegangen.

Waseda-Doktorandin forscht am INB

An dieser Stelle kommt Zhengke Tu ins Spiel. Sie ist seit November 2023 am Campus Jülich, insgesamt wird sie drei Monate lang am INB forschen. Ihr Promotionsvorhaben beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung der Oberflächenverstärkten Raman-Streuung (Surface Enhanced Raman Scattering, SERS). Der Begriff Spektroskopie bezeichnet unterschiedliche Verfahren, bei denen Materialeigenschaften analysiert werden, indem die zu untersuchenden Stoffe einer Strahlung ausgesetzt werden – in diesem Fall handelt es sich um Laserstrahlen. Um große Nachweisempfindlichkeiten zu erzielen, also idealerweise einige wenige Moleküle detektieren zu können, müssen die Signale entsprechend verstärkt und die Detektionseinheit verbessert werden. "Das Projekt fällt in den Bereich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung", sagt Prof. Schöning, "wir untersuchen gemeinsam unterschiedliche Messanordnungen und potenzielle Einsatzgebiete, ein spannendes Themenspektrum stellt zum Beispiel die Ankopplung von Rezeptormolekülen an Gold- oder Virus-Nanopartikel dar."

Ins akademische Leben eingetaucht

Während seines Aufenthalts an der Waseda University entwickelte Schöning zusammen mit Prof. Homma und Associate Professor Dr. Masahiro Kunimoto gemeinsame zukünftige Forschungsstrategien, er nutzte die Gelegenheit aber auch, um am akademischen Leben des Labors teilzunehmen. "Ich habe Seminare und Vorlesungen gehalten, mich intensiv mit den Studierenden und Doktorand:innen ausgetauscht, Experimente diskutiert und gemeinsame Lösungsansätze erarbeitet." Dabei haben die Jungforscher:innen eine außerordentliche Motivation und sehr gute Fach- und Methodenkenntnisse unter Beweis gestellt. Prof. Homma lege sehr großen Wert darauf, dass sein Team mit den aktuellen wissenschaftlichen Vorgehensweisen und dem internationalen Stand der Technik vertraut seien.

Verlässlichkeit und Verbindlichkeit

Neben der Kooperation mit der Waseda University unterhält das INB auch eine enge Zusammenarbeit mit der Tohoku University, die in Sendai beheimatet ist. Auf mehr als 30 Forschungsaufenthalte in Japan kann Michael Schöning mittlerweile zurückblicken – "insgesamt habe ich mehr als ein Jahr meines Lebens in diesem Land verbracht", sagt er. Der Aufenthalt in Japan vermittelt interessante Eindrücke, sowohl über Kultur- und Alltagsleben als auch über die Arbeit vor Ort und die experimentellen Herangehensweisen. "Alles ist durchorganisiert und getaktet, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit besitzen einen hohen Stellenwert", berichtet er.