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Zwanzig Sekunden Schwerelosigkeit

Masterstudentin Verena Schüngel flog bei Parabelflügen für ein Forschungsprojekt mit

Schwerelos schweben: Was sonst nur Astronautinnen und Astronauten erfahren, konnte Verena Schüngel, Masterstudentin für Biomedical Engineering an der FH Aachen, für kurze Zeit selbst erleben. Sie assistierte bei einem Forschungsprojekt, das die Effekte der Schwerelosigkeit auf die motorische Kontrolle des menschlichen Körpers mithilfe von Parabelflügen untersuchte. Bei einem Parabelflug handelt es sich um ein besonderes Manöver, bei dem in einem Flugzeug durch Steig- und Sinkflüge ein Zustand der Schwerelosigkeit erzeugt wird - ein einmaliges Erlebnis für die Studentin!

Doch von vorn: Die Parabelflugkampagnen der Deutschen Luft- und Raumfahrt finden ein bis zwei Mal jährlich statt und bestehen jeweils aus drei Flugtagen. Prof. Dr. Kirsten Albracht, Leiterin des Studiengangs Physiotherapie, arbeitet zusammen mit Prof. Dr. Albert Gollhofer und Dr. Steffen Ringhoff von der Universität Freiburg an einem dieser Experimente. Sie möchten die Veränderung der Muskel-Sehnen-Interaktion während Sprüngen und Landungen unter verschiedenen Schwerkraftbedingungen untersuchen. Dafür springen die Probandinnen und Probanden bei unterschiedlichen Gravitationsleveln von einer kleinen Stufe auf eine Kraftmessplatte, die die Bodenreaktionskräfte, also die Kraft, die der Boden auf einen Körper ausübt, misst: einmal unter Erdenbedingungen, einmal kurz vor der Schwerelosigkeit und einmal in der Hypergravität (also bei bis zu 1,8-facher Schwerkraft). Aufgezeichnet werden die Muskelkontraktionen an der Wadenmuskulatur mit einer Ultraschallsonde.

Vorbereitungen vor dem Flug

Als Assistentin hatte Verena zunächst die Aufgabe, die Probandinnen und Probanden auf der Erde zu betreuen: "Im Vorbereitungsraum am Hangar des Flughafens habe ich geholfen, die Probandinnen und Probanden vorzubereiten. Wir haben Elektroden für die Elektromyographie (EMG) und die Marker zur Bewegungsanalyse an die Probanden und Probandinnen geklebt. Als wir ins Flugzeug gegangen sind, haben wir die Ultraschallsonde angebracht. Fast alles war vorbereitet, als wir in die Luft gingen. Bei der ganzen Vorbereitung hat mir mein Wissen aus dem Physiotherapie Studium und der Ausbildung sehr geholfen."

Zu diesem Zeitpunkt hielt sich die Aufregung der 28-Jährigen noch in Grenzen. "Als ich beschäftigt war, ging es noch mit der Aufregung, weil man auf eine Sache fokussiert war. Aber als wir alle im Flugzeug saßen, hat sich der Start verzögert, weil Teile des Flughafendachs wegen eines Sturmes auf der Landebahn lagen. Da habe ich gemerkt, wie ich nervöser wurde." Als das Flugzeug die Flughöhe erreicht hatte, durften die Beteiligten der Studie in den Experimentierbereich des Flugzeugs. Nach einem kurzen Technikcheck begann das Flugzeug mit den Parabelflügen.

Parabelflug – eine tolle Erfahrung

"Bei den ersten Parabeln habe ich geschaut, dass ich möglichst flach am Boden liege, weil einem schnell schlecht wird. In der Parabel hat man erst die Hypergravitation für 20 Sekunden, wo die 1,8-fache Schwerkraft auf einen wirkt", schildert Verena ihre Erlebnisse. "Es war einfach viel schwerer, sich zu bewegen, auch das Atmen war schwieriger als auf der Erde. Dann kommt die Parabel, und von jetzt auf gleich ist man schwerelos. In der Schwerelosigkeit hat man kein Gefühl mehr dafür, wo unten und oben ist, alles fühlt sich gleich an. Nach der Schwerelosigkeit plumpst man wieder auf den Boden - dann geht das Ganze von vorne los." Während Verena versuchte, sich festzuhalten, mussten die Proband:innen während der unterschiedlichen Schwerkraftverhältnisse springen.

Nach 31 Parabeln flog das Flugzeug wieder zurück nach Paderborn. Insgesamt vier Stunden dauerte der Flug. Die 28-Jährige erinnert sich gerne an das Erlebte. "Es war eine tolle Erfahrung." Anfang September fand dann bereits die nächste Parabelflugkampagne in Bordeaux statt – auch hier durfte Verena mitfliegen. Sie resümiert: "Es ist ein Paradebeispiel, wie man unterschiedliche Messmethoden verwenden kann, die sich gegenseitig ergänzen. Ich konnte viel von der Theorie, die ich im Studium kennen gelernt habe, praktisch anwenden."