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"Wir kratzen am Weltraum"

FH-Studierende optimieren Höhenforschungsraketen für Experimente in Schwerelosigkeit

Der Countdown läuft. Die Studenten Stefan Krämer, Nick Daab, Andreas Gierse, Fabian Baader und Tobias Wagner vom ADIOS-Team (Advanced Isolation on Sounding Rockets) der FH Aachen befinden sich im Raumfahrtzentrum Esrange im nordschwedischen Kiruna. Sie halten die Daheimgebliebenen via Live-Stream und Mails über die letzten Augenblicke vor dem Start der Höhenforschungsrakete Rexus 11 auf dem Laufenden. In den vergangenen Tagen hatte es immer wieder Überlegungen gegeben, den Start zu verschieben. Im März 2012 war er wegen Fehlfunktionen an der Schwesterrakete bereits abgesagt worden. Dann hebt die Rakete endlich ab. In der sechs Meter hohen Rexus 11 befinden sich fünf Experimente von weiteren Hochschulteams.

REXUS (Raketen-Experimente für Universitäts-Studenten) ist ein Kooperationsprogramm vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der European Space Agency (ESA)  und der Schwedischen Nationalen Raumfahrt-Behörde (SNSB), das Studierenden die Möglichkeit bietet, Experimente in Schwerelosigkeit durchzuführen.


„25 Sekunden  nach dem Start befindet sich die Rakete in 25 Kilometer Höhe, wo der Zustand der Schwerelosigkeit einsetzt“, erklärt Projektleiter Stefan Krämer.  Dieser hält etwa zwei Minuten an, während die Rakete noch einmal weitere 60 Kilometer in die Höhe fliegt. „Wir kratzen also am Weltraum. Der fängt definitionsgemäß bei 100 Kilometern an.“  Bei der Rückkehr zur Erde herrschen dann ab einer Höhe von etwa 30 oder 40 Kilometern wieder die Gesetze der Schwerkraft.

Bei solchen Tests gibt es generell ein großes Problem: „Der Motor vibriert, danach schwingt die ganze Raketenstruktur weiter, was die Experimente im Innern und im schlimmsten Fall die Ergebnisse beeinflusst. Das ist vor allem für materialwissenschaftliche und biologische Untersuchungen ein großer Nachteil “.  Die Aufgabe für die FH Studenten: Wie können wir eine möglichst störungsfreie Umgebung in der Rakete gewährleisten? „Wir  dämpfen die Erschütterung mithilfe von Magneten und Federn, die die Container entkoppeln und beinah schweben lassen“, erklärt Stefan Krämer. „Die Auswertungen zeigen, dass dieses Prinzip sehr gut funktioniert.“

Außerdem untersuchte das Team, welche dynamischen Lasten und welche Spannung während des Flugs auf die Rakete wirken. Dazu setzte es Sensoren ein, die an verschiedenen Stellen die Streckung und Stauchung der Raketenstruktur messen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse kann die Raketenstruktur hinsichtlich ihres Gewichts und Materials optimiert werden.
Die Finanzierung des FH-Experiments wurde vor allem von Sponsoren gewährleistet. Insgesamt erhielt das Team Bauteile und Zuschüsse im Wert von 35 000 Euro. „Für unsere speziellen Anforderungen wurden sogar eigens Platinen und Kohlefaserteile produziert – keine Elektronik von der Stange also.“