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Märkte und Wandel

Tagung der Volkswirtschaftler in Aachen und Köln

Strom ist teuer? Nicht in den Morgenstunden des ersten Weihnachtstages 2012. 473,82 Euro pro Megawattstunde gab es an der Leipziger Strombörse – und zwar für diejenigen, die bereit waren, Storm einzukaufen. Die falsch prognostizierte Nachfrage war der Grund, dass sich etwa 8.000 bis 9.000 Megawatt zu viel Energie im Netz befanden. Strom, den zu dieser Zeit keiner brauchte, der aber da war. Weil im Strommarkt zu jedem Zeitpunkt das Angebot genau der Nachfrage entsprechen muss, drohte der Kollaps. Der Strom musste raus – um jeden Preis.

Mit diesem Beispiel illustrierte Prof. Dr. Justus Haucap seine Kritik am Erneuerbare Energien-Gesetz, das wiederum zeigt, dass Überregulierung und ein Mangel an Wettbewerb zu Ineffizienz und Geldverschwendung führt. Der Düsseldorfer Wissenschaftler, Mitglied der Monopolkommission und Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie der Heinrich-Heine-Universität, hielt den Impulsvortrag zum Thema "Märkte im Wandel" am zweiten Tag der Volkswirtetagung in Aachen. Als Beispiel für den Einfluss von Wettbewerb auf die Entwicklung der Märkte nannte Prof. Haucap Post und Telekommunikation: Beide Märkte wurden in Deutschland zur gleichen Zeit liberalisiert. Während ersterer sich wegen einer zögerlichen Marktöffnung eher schleppend entwickelte, gewann letzterer dank einer wettbewerbsfördernden Regulierung schnell an Fahrt – Nutznießer waren die Kunden, die in den Genuss sinkender Preise kamen.

Zurück zum Weihnachtsbeispiel. In einer Marktwirtschaft sei es ganz normal, dass Überkapazitäten einen niedrigen Preis zur Folge haben, so Prof. Haucap. Spätestens bei negativen Preisen versuche dann jeder Anbieter die Produktion zu drosseln. Ausgenommen seien nur die erneuerbaren Energien: Auch bei negativen Preisen bekämen sie den staatlich zementierten Einspeisetarif, auch bei negativen Preisen lohne sich für die EEG-Stromerzeuger die ungebremste Produktion. Marktmechanismen würden ausgehebelt. Bezahlen dürfen die Verbraucher das Ganze – egal, ob Strom gebraucht wird oder nicht. Fast 17 Milliarden wurden 2012 auf die Stromrechnung umgelegt. Die Sonnenenergie werde besonders stark bezuschusst, obwohl sie die höchsten Kosten verursache. Somit würden viele Investitionen in diesen Bereich fließen – was weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll sei. Er sprach von Geldvernichtung, wies überdies aber auch darauf hin, dass der Nutzen für das Klima gering sei. "Durch den starken Ausbau der erneuerbaren Energien sinken die Preise für Kohlendioxid-Zertifikate", erläuterte er, "das führt dazu, dass die Firmen weniger Anstrengungen unternehmen, ihren Kohlendioxid-Ausstoß zu senken."

Der Vortrag von Prof. Haucap war der Höhepunkt des zweiten Tages der Internationale Fachtagung der Professorinnen und Professoren für Volkswirtschaftslehre aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (IFT 2013), die von den Fachhochschulen Aachen und Köln gemeinsam organisiert wurde. In drei weiteren Panels erörterten Experten aus Wissenschaft und Praxis energie-, medien- und gesundheitspolitische Themen. Vor dem Hintergrund technologischer Änderungen in einer globalisierten Welt diskutierten sie darüber, wie ökonomisch knappe Ressourcen effizient auf diesen Märkten eingesetzt werden können.  An den beiden Tagen in Köln setzten sich die Wissenschaftler außerdem mit den Themen „Das Menschenbild in der Ökonomie“ (5. Juni), und „Euro-Krise: Staatsschuldenkrise und Finanzmarktregulierung“ (7. Juni) auseinander.

„Wir freuen uns, wenn wissenschaftliche Tagungen an der FH stattfinden“, sagte die Prorektorin für Forschung, Entwicklung und Technologietransfer, Prof. Dr. Christiane Vaeßen in ihrer Begrüßung, „das ist ein Beleg für die gute Vernetzung unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.“ Der Dekan des gastgebenden Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften, Prof. Dr. Bernd Pietschmann, betonte, der Kongress sei ein hervorragendes Beispiel für den lebendigen wissenschaftlichen Austausch in Forschung und Lehre: „Wissen zu teilen ist Motor für innovative Ideen.“

Organisiert wurde die Veranstaltung auf Seiten der FH Aachen von Prof. Dr. Markus Fredebeul-Krein. Weitere Informationen zur Tagung gibt es im Internet unter volkswirte-tagung.org.