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Wie Züge künftig ohne Lokführer in die Abstellung fahren könnten

Für ein innovatives Forschungsprojekt bündeln die FH Aachen sowie die Unternehmen SWEG und Talbot Services ihre Kräfte

So könnte es in Zukunft einmal ablaufen: Kaum ist ein Zug am Bahnsteig des letzten Bahnhofs angekommen, steigt der/die Triebfahrzeugführer:in aus und hat Feierabend. Die Arbeiten, die anschließend noch nötig sind – insbesondere die Fahrt in die Abstellanlage und das Herunterfahren der Systeme – übernimmt ein vollautomatisches System. Um diesem Szenario näher zu kommen, hat die FH Aachen ein innovatives Forschungsprojekt ins Leben gerufen, an dem sich die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) – zusammen mit den Konzerntochtergesellschaften Trapico GmbH und SWEG Schienenwege GmbH – beteiligt. Ein weiterer Partner ist die Talbot Services GmbH, ein Unternehmen für Schienenfahrzeugbau aus Aachen. Das Projekt trägt den Titel „Stabling automation for multiple units“ (SAMU) und wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt fast 200 000 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert. Den entsprechenden Förderbescheid übergab Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Beauftragter der Bundesregierung für Schienenverkehr, am Donnerstag, 16. August 2023, an die Projektpartner.

Theurer erläutert: „Projekte wie dieses sind ein enorm wichtiger Schritt hin zur Automatisierung des Schienenverkehrs. Autonome ÖPNV-Verkehre sind gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel eine große Chance. Ich glaube, dass gerade für schienengebundene Systeme hier noch große Potentiale gehoben werden können. Aus diesem Grund haben wir uns auch dafür entschieden, SAMU mit Bundesmitteln zu unterstützen.“

Gegenstand des Projekts ist die Entwicklung einer Datenerfassungs- und Auswertungseinheit zusammen mit einer Steuerungseinheit, die Fahrten ohne Personal im Rangierbereich von Personenbahnhöfen ermöglicht. „Forschung zu diesem Thema ist sehr wichtig. Der automatisierte Betrieb von Schienenfahrzeugen wird die Eisenbahn in ein neues Zeitalter führen. Und erst wenn die Technik auf bereits operierende Fahrzeuge übertragbar ist, ohne die Zulassung zu gefährden, wird sie auch für das Verkehrsunternehmen und die Industrie wirtschaftlich interessant“, betont Tobias Harms, Vorsitzender der SWEG-Geschäftsführung. Zum Ende der Projektlaufzeit ist geplant, eine temporär auf einem Talent-3-Triebfahrzeug montierte Einheit im Bahnhof Bad Krozingen (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) zu testen und dabei auch Fehlerszenarien – zum Beispiel Personen im Gleis – nachzustellen. Zudem könnten so die Triebfahrzeugführer:innen von vor- und nachbereitenden Arbeiten entlastet werden, sodass sie sich auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren könnten – nämlich das Fahren von Zügen.

„Es handelt sich daher auch um keine Rationalisierungsmaßnahme, sondern um die Möglichkeit für einen effektiven Einsatz des Personals in Zeiten des Fachkräftemangels“, ergänzt Harms. Das Projekt soll auch auf der „Innotrans“, der internationalen Leitmesse für Verkehrstechnik, im Jahr 2024 präsentiert werden.

 

Was die Projektpartner leisten

Das Projekt steht unter der Konsortialführung der FH Aachen. Die Arbeitsschwerpunkte im vorliegenden Projekt sind die Absicherung der Fahrbewegung sowie die Schnittstelle zum elektronischen Stellwerk. Die FH Aachen unterstützt die Partner bei der Systemanalyse, vor allem durch Betrachtung der Anforderungen zur Umfelderkennung. Auch die Arbeiten zur Sensoreinheit samt Software fallen in ihre Verantwortung.

 

Über die Projektpartner

Die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) ist ein Unternehmen mit Hauptsitz in Lahr/Schwarzwald, das in Baden-Württemberg und teilweise angrenzenden Gebieten Busverkehr im Stadt- und Überlandverkehr sowie Schienengüter- und Schienenpersonennahverkehr betreibt. Im Jahr 2018 ist die Verschmelzung der Hohenzollerischen Landesbahn (HzL) mit Sitz in Hechingen vollzogen worden. Seit dem Jahreswechsel 2021/2022 befindet sich auch die ehemalige Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH, die jetzt als SWEG Bahn Stuttgart GmbH firmiert, unter dem Dach des SWEG-Konzerns. Bei der SWEG arbeiten mehr als 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die FH Aachen mit den beiden Standorten Aachen und Jülich und mit mehr als 15.000 Studierenden gehört zu den größten und wichtigsten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland. Die Fachgruppe Schienenfahrzeuge am European Centre for Sustainable Mobility der FH Aachen arbeitet schwerpunktmäßig im Bereich Automatisierung und Digitalisierung im Schienenverkehr. Die FH Aachen hat bereits mit den Vorgängerprojekten „Güterwagen 4.0“ und „SAMIRA“ im Bereich der Automatisierung des Eisenbahnbetriebs Erfahrungen und erste Erfolge erzielen können.

Die Talbot Services GmbH, die im Jahr 2013 den Standort in Aachen von Bombardier Inc./Bombardier Transportation übernommen hat, ist ein traditionsbasiertes Unternehmen im Bereich des Schienenfahrzeugbaus. Die Kompetenz des Unternehmens liegt nicht nur im Neubau von Personenzügen inklusive Inbetriebnahme, sondern auch in der Instandhaltung, Reparatur und Modernisierung von Schienenfahrzeugen jeglicher Art.

 

Über den mFUND des BMDV

Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV seit 2016 datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität der Zukunft. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf der Mobilithek. Weitere Informationen finden Sie unter www.mFUND.de.