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Aus der Praxis, für die Praxis

Karriereperspektive Lehramt am Berufskolleg für FH-Absolvent:innen: Masterstudium an der RWTH baut auf Bachelor in Ingenieurwissenschaften auf

Die duale Ausbildung ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – in Industrie und Handwerk gleichermaßen. Viele Betriebe sind darauf angewiesen, auf diesem Weg engagierte und leistungsfähige junge Leute zu gewinnen. Kern des dualen Systems ist die Kombination aus betrieblicher Ausbildung und dem Besuch des Berufskollegs. Gerade in den gewerblich-technischen Fachrichtungen werden derzeit gute Lehrer:innen gesucht – für FH-Absolvent:innen in den Ingenieurwissenschaften bietet sich hier eine interessante Jobperspektive.

Vier Semester Regelstudienzeit

Verena Draht koordiniert das Programm "Lehramt BK" an der FH Aachen. Sie erläutert, wie es funktioniert: "Der Masterstudiengang dauert vier Semester (Regelstudienzeit) und wird von der RWTH Aachen angeboten. Unsere Studierenden an der FH Aachen können sich schon während des Bachelors für die Lehramtsvariante entscheiden und optional im Rahmen ihres Studiums Module aus dem Lehramtsmaster belegen." Auch mit den Lehramtsmodulen bleibt der Bachelor of Engineering (FH) ein vollwertiger Abschluss.

Auch berufsbegleitend möglich

Der Weg in ein Lehramt-BK-Studium steht interessierten Studierenden und auch Absolvent:innen der FH offen. Für bestimmte Fachrichtungen wie beispielsweise Maschinenbau und Fahrzeugtechnik wird der Master auch berufsbegleitend, also dual mit Teilzeitunterricht an einem Berufskolleg angeboten. Dies wird mit einem Gehalt vergütet. Ab dem Sommersemester 2024 startet dieses Studiengangmodell auch für die berufliche Fachrichtung Bautechnik.

Große Nähe zur betrieblichen Praxis

Insgesamt wird die Lehramtsvariante für 17 Bachelorstudiengänge der FH Aachen angeboten, das Spektrum reicht von Maschinenbau und Elektrotechnik über Bauingenieurwesen bis hin zu Betriebswirtschaft und Physikingenieurwesen. "Unsere Studierenden haben oft vor dem Studium eine Ausbildung absolviert oder verfügen durch ihr Studium über eine große Nähe zur betrieblichen Praxis", erläutert Verena Draht. Somit seien sie ideal darauf vorbereitet, mit einer Kombination aus theoretischem Fachwissen, Anwendungsbezug und pädagogischer Qualifikation den Weg ins gewerblich-technische Lehramt zu gehen.

Hervorragende Berufsaussichten

Die Berufsperspektiven für Lehramtsaspirant:innen sind hervorragend: Derzeit fehlen nach Angaben des Landesschulministeriums allein in NRW rund 2000 Lehrkräfte an Berufskollegs; die Zahl wird voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Dies gilt besonders in den gewerblich-technischen Fachrichtungen Maschinenbautechnik, Elektrotechnik und Bautechnik. Lehrkräfte am Berufskolleg haben einen engen Kontakt zu Ausbildungsbetrieben und begleiten die Schüler:innen bei der beruflichen Orientierung und beruflichen Bildung. Die Lehrerinnen und Lehrer arbeiten aber auch in Bildungsgängen, die ausschließlich zu einem allgemeinbildenden Abschluss führen, etwa das berufliche Gymnasium. Somit leisten die Lehrkräfte an den Berufskollegs einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der jeweiligen Region.

73.000 Abschlüsse pro Jahr

Die Berufskollegs sind die schülerstärkste Schulform der Sekundarstufe II und bieten zahlreichen Schüler:innen mit Migrationsgeschichte einen Zugang, ihre Bildungsambitionen erreichen zu können. Das Berufskolleg kann für Schüler:innen somit ein geeignetes Sprungbrett zum erfolgreichen Übergang in eine Ausbildung oder in ein Studium sein und leistet einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung. Jede dritte Hochschulzugangsberechtigung in NRW wird an einem Berufskolleg erworben (32,8 Prozent), pro Jahr machen 73.000 Schüler:innen einen Abschluss.

Das Programm Lehramt BK Aachen wird gemeinsam angeboten von FH Aachen, RWTH Aachen, TH Köln und FH Niederrhein. In NRW gibt es insgesamt fünf Standorte, an denen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Universitäten kooperativ eine Lehramtsausbildung anbieten.

Christian Wolff: "Kein Beruf, sondern eine Berufung"

Christian Wolff brennt für seinen Beruf. "Ich kann mir nichts anderes vorstellen, als an einem Berufskolleg zu unterrichten", sagt der Lehramt-BK-Absolvent, der am Berufskolleg Platz der Republik für Technik und Medien Mönchengladbach arbeitet – die Schule, die er selbst früher besucht hat.

"Ich habe nach meiner Lehre als Metallbauer noch den Techniker in Vollzeit am Berufskolleg gemacht", erzählt er. Parallel legte er die Prüfungen zum Fachabitur ab, die es ihm erlaubten, ein Maschinenbaustudium an der FH aufzunehmen. Zu Beginn des dritten Studienjahrs stand das Praxissemester an, und der Student hatte einen ungewöhnlichen Wunsch: Er wollte sein Praktikum als Lehrer an einer Schule absolvieren. "Das war nicht möglich", erinnert er sich, "aber durch die Vermittlung von Prof. Dr. Martina Klocke und Prof. Dr. Martin Frenz konnte ich als Zweithörer an der RWTH Didaktikmodule belegen." Als Christian Wolff nach dem Bachelorabschluss sein Lehramt-für-BK-Studium an der RWTH aufnahm, wurden ihm diese Credits angerechnet. So wurde er zu einem der Pioniere für das gemeinsame Angebot für RWTH und FH Aachen. 2018 machte er seinen Masterabschluss, wenig später bekam er die erhoffte Stelle an seiner alten Schule.

Der Einstieg in den Lehrerberuf fiel ihm nicht leicht. "In den ersten Monaten war ich nervös, wenn ich vor der Klasse stand", erzählt er. Das hat sich inzwischen gelegt, und er genießt es, an seiner Schule täglich mit jungen Menschen zu tun zu haben. Derzeit unterrichtet er Zerspanungsmechaniker:innen und Informationstechnische Assistent:innen, zusätzlich ist er in die Ausbildung der Techniker:innen eingebunden. "Die Kombination macht es so spannend", sagt er, in seiner Arbeit kann er Didaktik sowie theoretisches und praktisches Technikwissen verbinden. "Auch wenn es platt klingt", meint er, "für mich ist das kein Beruf, sondern eine Berufung." Er würde allen Maschinenbaustudierenden empfehlen, diese Berufsoption zu prüfen. "Man muss natürlich der Typ dafür sein", sagt er, "aber für mich war es genau das Richtige."

 

Zejda Veljacic: "Mit dem Abschluss kann man alles machen"

Zejda Veljacic studiert derzeit im zweiten Mastersemester Lehramt BK. Im kommenden Sommersemester steht das Praxissemester an – dann wird sie zum ersten Mal allein vor einer Berufskolleg-Klasse stehen. Erste Erfahrungen hat sie aber bereits gesammelt: §Ich habe in meinem Studium schon kurze Vorträge gehalten, zum Beispiel in einer Dachdeckerklasse."

Ihr Bachelorstudium hat sie in den beruflichen Fachrichtungen Bautechnik und Holztechnik absolviert. Das Besondere daran war, dass sie im Erststudium an der RWTH Aachen und als Zweithörerin an der FH eingeschrieben war. "Gerade in der Coronazeit war es schwierig, die Organisation zu schaffen", erzählt sie. Aber die junge Frau aus Übach-Palenberg hat alle Hindernisse überwunden, im März 2022 machte sie ihren Bachelor und schrieb sich anschließend für den Master ein.

In ihrem mittlerweile begonnenen Praxissemester(-modul) wird sie, je nach Ausbildungsschule, unter anderem Auszubildende aus den Berufen Tischler:in, Maurer:in und Straßenbauer:in sowie weiteren (vollzeitschulischen) Bildungsgängen (z. B. Fachoberschule) unterrichten, entweder in Geilenkirchen oder in Stolberg. Schon in ihrer Jugend hat die begeisterte Sportlerin gerne mit Holz gearbeitet, vor allem beim Bau von Möbeln. Zejda Veljacic weiß noch nicht, ob sie nach dem Masterabschluss ins Referendariat gehen wird – "das ist das Tolle an dem Studiengang", sagt sie, "man kann nach dem Abschluss alles machen."

 

Weiterführende Informationen zu Berufskollegs

Das Berufskolleg als Schulform vereint unter einem Dach verschiedene Bildungsgänge und kann – ganz anders als die anderen weiterführenden Schulformen Gesamtschule, Gymnasium, Realschule – zu verschiedensten Abschlüssen vom Fachabitur bis zum Abitur, auch mit technischem Schwerpunkt führen. Auch Ausbildungsabschlüsse mit einem Schulabschluss in Kombination können dort unabhängig vom Lebensalter oder den vorherigen beruflichen Stationen erworben werden. Das macht die Schülerschaft sehr vielschichtig und eine Lehrkraft am Berufskolleg sollte deswegen auch Flexibilität und Sozialkompetenz zu ihren persönlichen Stärken zählen. Die wichtigste Motivation, die dauerhaft durch den Lehrerberuf trägt, ist wohl die Freude an der Arbeit mit jungen Menschen und dem gemeinsamen Ziel, fit für das Berufsleben zu werden.

Internetseite Lehramt BK

weitere Informationen zum Lehramt in NRW

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Video zu Lehramt BK