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Kind des Internets

Peter Golm alias Peat ist Kommunikationsdesignstudent an der FH und Musiker. Im Rahmen eines Semesterprojektes drehte er mehrere Musikvideos

Rapper, Audio- und Videoproduzent und Kommunikationsdesignstudent – das alles ist Peter Golm alias Peat. Neben seinem Studium tritt der 24-jährige Indie-Künstler auf Bühnen in ganz Deutschland auf, schreibt Songtexte und filmt Musikvideos.

Unreal Tournament, das ist der Punkt, nein

Mama sagte mir immer "Das kann nicht gesund sein"

Ich wuchs auf mit Internet auf Flachbildschirmen

Abgeschirmt von Menschen, abseits Videochats, des Nachts verwirrt von sozialen Kontakten

Song: „All Star“
Album: „Weit Weit Weg“

Vom Battlerap bis zur ersten eigenen Tour

Kreativ zu arbeiten – das war ihm wichtig. Mit dem klassischen Schulsystem oder traditioneller Musiktheorie konnte er nicht viel anfangen, weshalb er sich schon früh in die digitalen Sphären des Internets zurückzog, um sich dort kreativ auszuleben und Gleichgesinnte zu treffen. Schließlich fasste er Fuß in der Battlerap-Onlineszene, wo er mit eigenen Songs und selbstgedrehten Videos gegen andere Künstler:innen in Wettkämpfen antrat und sich eine kleine Fanbase aufbaute. 2018 wurde er bei einem der populärsten Turniere, dem Videobattleturnier (VBT), als Sieger gekürt. Seitdem hat er bereits drei selbstproduzierte Studioalben herausgebracht und reiste auf seiner eigenen Konzerttour quer durch Deutschland und international bis nach Wien.

Mit dem Kommunikationsdesignstudium möchte er seine Arbeit professionalisieren und seinen Horizont erweitern. Dank Onlinelehre geht das auch in seiner Wahlheimat Berlin. Einmal im Monat zieht es ihn jedoch wieder nach Aachen, wo er sich im Gartenschuppen seiner Eltern ein eigenes kleines Studio eingerichtet hat und seine Songs selber produziert. Seine Musik soll überraschen, manchmal auch überfordern oder schwer greifbar sein. Vor allem seine eigenen Erwartungen will er mit seinen Projekten erfüllen. Dennoch, Fehltritte gehören für Golm zum kreativen Schaffungsprozess mit dazu, seien gar elementar, damit eine künstlerische Vision überhaupt entstehen könne. „Man muss auch ein paar Jahre peinlich sein“, gibt er amüsiert zu.

Zeitkapsel

Bist du alleine mit dem Glauben an dich selbst

Weil du die Ängste für Jahrtausende zerdenkst

Bist du alleine mit deinen Sorgen um die Welt

Ich glaub' dann kenn ich einen Ort der dir gefällt

Song: „Der Schrecken“
Album: „Weich“

Das Internet – für Golm ist es ein zweischneidiges Schwert. Kreatives Ventil und Quelle der Inspiration, aber auch Gefahrgut für die mentale Gesundheit. Vor allem aber ist es ein konstanter Begleiter seines Lebens. Mit seinen Songs thematisiert er die Wechselwirkungen von psychischer Gesundheit und dem digitalen Ort, den er trotz seiner vielen dunklen Seiten nicht missen will. In seinen drei Alben entfernt er sich sukzessiv von den klassischen Rapsongs hin zu Musikstücken, die er selber den experimentellen und maximalistischen Genres des Hyperpop, Digicore oder auch Punk zuordnet. Wie Zeitkapseln würden die drei Alben vergangene Gefühlsebenen und Lebensabschnitte für Golm widerspiegeln. Seine Songtexte hält er absichtlich vage, um seinen Zuhörer:innen damit genug Raum zur Selbstidentifikation geben. „Mit meiner Musik möchte ich niemandem Gefühle aufdiktieren. Ich finde es toll, wenn sich Menschen aus ganz anderen Gründen in meiner Musik wiederfinden und mitgerissen werden“, erklärt Golm.

Was die Allerwenigsten verstehen

Alles ist Kunst, aber nichts ist kein Problem

Als ob mir dieser ganze Müll so wenig wert wär‘

Es ist ein schmaler Grat zwischen Soziopathie und Selfcare

Song: „Der Unterschied zwischen Dürfen und der Bedachtheit des Könnens“
Album: „Das Fest“

Community

Seine Musikvideos könnte man zwischen rauer Realität und transzendentem Traum verorten. Die Szenerien sind düster, teils chaotisch, manchmal aber auch unerwartet ruhig. Der Einfluss des Internets in der Jugendzeit und dessen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit sind dabei in Form einer „abstrahierten Abhandlung“ die Kernmotive seiner kreativen Arbeit. Dabei ist es ihm vor allem wichtig, auf die Themen aufmerksam zu machen, ohne diese zu romantisieren. Die Grenzen seiner personellen und finanziellen Möglichkeiten zur Umsetzung seiner Projekte machte der Indie-Künstler sich dabei zum Vorteil. Herausgekommen ist sein ganz eigener Videolook, der maßgeblich durch filmische Stilmittel aus dem Horrorgenre geprägt ist und sich durch eine bewusst nicht hochpolierte Produktion auszeichnet. Im Rahmen eines Semesterprojektes drehte er mehrere Musikvideos für sein zuletzt erschienenes Album „Weich“. Für die Produktion der Videos konnte er zudem eine Förderung der gemeinnützigen Projektgesellschaft „Initiative Musik“ für sich gewinnen.

Seine Konzerte führten Golm schließlich in Deutschlands Großstädte. Nach seinen Shows kommt er meist mit seiner Community ins Gespräch und erfährt mehr über die Personen, die in den Kommentarsektionen seiner Musikvideos Bewertungen und Likes hinterlassen. Nicht zuletzt deswegen sei seine letzte Tour ein „Riesenspaß“ für ihn gewesen. 

In der Zukunft steht, neben weiteren Live-Shows, auch seine Bachelorarbeit auf dem Plan. Mit einem Kurzfilm will er nicht nur einen Rahmen über seine vergangenen Arbeiten spannen, sondern auch sich selber herausfordern.