Details

Eine Sternstunde: 60 Minuten im Weltall

Abendvortrag von Astronaut Hans Schlegel beim 28. Raumfahrtkolloquium der FH Aachen

Das Beste hatte Astronaut Hans Schlegel sich für den Schluss aufbewahrt: Ein vierminütiger Zusammenschnitt von Zeitrafferaufnahmen aus dem Weltraum zeigt die ganze Schönheit unserer Welt. Bilder, die geprägt sind von Weite, Stille und Einsamkeit; Bilder, die unsere Erde zugleich in einem neuen Licht erscheinen lassen. Man sieht Naturschauspiele wie Nordlichter und mächtige Unwetterfronten, aber auch Umweltkatastrophen und massive Eingriffe in das natürliche Gleichgewicht der Erde. "Dort oben finden wir viele Antworten auf Fragen, die wir hier unten auf der Erde haben", sagt der 64-Jährige.

An zwei Weltraumexpeditionen hat Hans Schlegel teilgenommen, er war bei der D2-Mission 1993 (Space-Shuttle-Flug STS-55) ebenso dabei wie beim Transport des Columbus-Labors zur Internationalen Raumstation ISS (STS-122). Sein Vortrag bildete den Abschluss des 28. Raumfahrtkolloquiums der FH Aachen, organisiert vom Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik in Gemeinschaft mit der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Ein gewaltiger, faszinierender Vortrag, mit kühlem Verstand und heißem Herzen, getragen von Expertenwissen und getrieben von Begeisterung. Eine Sternstunde.

Der Astronaut nahm die Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine Reise ins Weltall, er erzählte von seinen Erlebnissen und Erfahrungen, von Erfolgen und Niederschlägen. Die absolute Krönung sei sein "EVA" gewesen, berichtete er – die Abkürzung steht für Extra-Vehicular Activity, also für Weltraumausstieg. 140 Kilogramm wiege der Raumanzug, er verfüge über eine eigene Energieversorgung und ein eigenes Antriebssystem. Während der Mission 2009 hat Hans Schlegel einen fast siebenstündigen Weltraumausstieg durchgeführt und zusammen mit seinen Crew-Kollegen das Columbus-Labor erfolgreich in Betrieb genommen – ein unvergessliches Erlebnis im Dienst der Forschung.

Auf die Frage, ob er denn schon als kleiner Junge Astronaut werden wollte, antwortet er lachend: "Nein, überhaupt nicht." Er sei erst über die Wissenschaft zur Raumfahrt gekommen. "Wir beschäftigen uns mit den zentralen Fragen der Menschheit", betont er. Von den Erkenntnissen der Weltraumforschung könnten zahlreiche unterschiedliche Wissenschaftsrichtungen profitieren. Er ermunterte die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer, ihre Träume mit Nachdruck zu verfolgen: "Sie können ihre Ziele erreichen, wenn Sie die Chancen bei den Hörnern packen." Das Erfolgsrezept sei, immer offen, flexibel und kritisch zu bleiben. So wie auf der Bühne und in der Literatur der Verfremdungseffekt angewandt wird, um die Bildung einer kritischen Distanz zu ermöglichen, so bietet auch die Weltraumforschung die Chance, Antworten auf drängende Fragen der Menschheit zu finden. Wer aus dem All auf die Erde blickt, der sieht keine Grenzen, keine Religionen, keine Kriege; aber er sieht die Erde als Ganzes, er sieht die Verantwortung aller Menschen für "unser Raumschiff Erde" (Schlegel).

Der Link zum Zeitraffer-Video:
http://www.space.com/15508-sky-walking-thin-air-space-station-sees-earth-video.html