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Rennsport im Miniatur-Format

Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik unterstützt das Einhard-Gymnasium bei der Junior-Ingenieur-Akademie

Miro schaut gebannt auf die Startampel. Die Spannung steigt – die Ampel springt auf Grün und Miro drückt auf den Auslöser in der rechten Hand. Hierdurch wird die Kohlendioxid-Kartusche im Heck des Fahrzeuges "gezündet", der Bolide rast die Rennstrecke entlang und erreicht nach genau 1,081 Sekunden das Ziel. Diese Zeit ist das Ergebnis mehrerer Monate harter Arbeit, die das Team um Miro hinter sich hat.

Miro ist Team-Manager des F1-Teams SpeedyOne, das aus sechs 14- bis 15-jährigen Schülerinnen und Schülern des Aachener Einhard-Gymnasiums besteht. Im Rahmen ihres Wahlpflichtfachs "Junior-Ingenieur-Akademie" (JIA) in der Stufe 9 erarbeiteten sie sich eine Teilnahme am multidisziplinären, internationalen Technologie-Wettbewerb "F1 in Schools". Dabei wurden sie maßgeblich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik der FH Aachen unterstützt.

Die Kooperation des Einhard-Gymnasiums mit der FH bei der Konstruktion und Fertigung der Fahrzeuge geht bis ins Jahr 2009 zurück, seit 2014 findet sie im Rahmen der JIA statt. Koordiniert wird die Zusammenarbeit von Oliver Frühwein (stellvertretender Direktor des Einhard-Gymnasiums) sowie Prof. Dr. Martina Klocke und Diplom-Ingenieur Ralf Sander (FH Aachen, Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik).

Formel 1 in der Schule ("F1 in Schools") ist ein Technologie-Wettbewerb, bei dem Schülerinnen und Schüler im Alter von 11 bis 19 Jahren einen Miniatur-Formel-1-Rennwagen am Computer entwickeln, fertigen und anschließend ins Rennen schicken. Das Ziel ist es, die vom Rennsport ausgehende Faszination zu nutzen, um ein aufregendes, spannendes Lernerlebnis zu schaffen, durch das die Bereiche Produktentwicklung, Technologie und Wissenschaft zugänglicher und verständlicher werden und berufliche Laufbahnen in der Technik besser aufgezeigt werden können.

In regionalen und bundesweiten Wettkämpfen treten die mit Gaspatronen angetriebenen Boliden auf einer 20 Meter langen Rennstrecke gegeneinander an. Das Siegerteam vertritt Deutschland bei der "F1 in Schools"-Weltmeisterschaft, die jährlich im Vorfeld eines Formel-1-Grand-Prix stattfindet. Entscheidend ist die Teamleistung aus Konstruktion, Fertigung, Regelkonformität, Rennen, Businessplan und mündlicher Präsentation.

Seinen Ausgang nahm die Kooperation im September 2015, als 16 Schülerinnen und Schüler das CAD/CAM-Labor den Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik besuchten, um in einem CAD-Grundkurs die Grundlagen der computergestützten Konstruktion kennenzulernen. Das Ziel: Sie sollten ein CAD-Modell aus einem handskizzierten Entwurf erstellen. Die Schüler bildeten bereits in dieser Entwurfsphase  drei Teams, neben SpeedyOne noch SuperSonic und Flying Pegasus.

Jedes Team entwickelte ein individuelles Fahrzeugmodell, von jedem Entwurf wurden drei identische Fahrzeuge für den Wettbewerb gefertigt. Basierend auf den CAD-Daten wurden die Programme zur Fertigung auf der Fräsmaschine erzeugt. Je nach Komplexität der Modelle besteht ein solches Programm aus bis zu 60 Einzelbearbeitungsschritten.

Mit den berechneten CAM-Daten gingen die Schüler im Januar 2016 in die Zentralwerkstatt der FH Aachen, wo der Bolide an einer Fräsmaschine aus Balsaholz gefertigt wurde. Der Rohling wurde zunächst nur von der Unterseite bearbeitet und dann mit dieser Seite auf einen Aluminiumblock geklebt. Der Kleber muss gewährleisten, dass sich der Balsablock während der Bearbeitung nicht löst. Nach der Bearbeitung wird das fertige Chassis inklusive Alublock in einem Ofen erwärmt. Die Temperatur ist so zu wählen, dass sich der Kleber löst, das Holz aber nicht in Mitleidenschaft gezogen wird – aufgrund der langjährigen Erfahrung ist dieser Prozess sicher beherrschbar.

Das Schweißtechnische Labor des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik stellte Härteöfen zur Verfügung, das Goethe Lab for Additive Manufacturing erstellte die Anbauteile der Fahrzeuge durch 3D-Druck. Ob die gefertigten Fahrzeugmodelle auch windschnittig sind, testeten die Schüler anschließend noch durch Strömungsversuche im Strömungslabor des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik. Im letzten Arbeitsgang mussten die Schüler noch den Korpus des Boliden lackieren und mit Rädern versehen. Unterstützung bei der Achskonstruktion gab Andreas Vollmann, Mitarbeiter des Schweißtechnischen Labors.

Nach einem halben Jahr Vorbereitung traten die drei Teams des Einhard-Gymnasiums im März zur Landesmeisterschaft Nordrhein-Westfalen an – aus dem Stand heraus kam SpeedyOne auf den 8. Platz unter 28 Teams, auch die beiden anderen Juniorrennställe erreichten Mittelfeldplätze. Besonders stolz sind die SpeedyOne-Macher darauf, dass sie es bis ins Halbfinale schafften, wo sie  vom diesjährigen Juniormeister RoyalRacing ganz knapp geschlagen wurden: "Unser Auto war eines der schnellsten mit einer Fahrtzeit von 1.081 Sekunden. Wir bekamen auch den Preis für das beste Portfolio."