Franziska Uber

Als Gastdozentin zurück an den Campus Jülich

Vor ein paar Jahren saß Franziska Uber noch als Studentin in den Seminarräumen und Vorlesungssälen des Campus Jülich und lernte. Von 2011 bis 2016 hat sie ihren Bachelorabschluss in Biomedizinischer Technik und anschließend den Masterabschluss in Biomedical Engineering gemacht. Im November 2021 kehrte sie zurück in den Vorlesungsaal – diesmal, um Jülicher Studierende über alternative Nährlösungen für die Kultivierung von Zellen zu informieren. Es ist ihr ein Anliegen, über die nachhaltigen, tierfreien Produkte aufzuklären und mit ihnen eine Alternative zu den konventionellen, tierischen Produkten anzubieten. Wir haben mit ihr über die Zeit an der FH und ihren Lebensweg seither gesprochen.

Sie haben während ihres Studiums auf dem Jülicher Campus gelebt. Wie hat ihnen das Campusleben gefallen?

Ich muss gestehen, dass ich zuerst ein bisschen enttäuscht war, dass mein Studienplatz in Jülich und nicht in Aachen war. Ich stamme aus Aachen und hatte eigentlich keine große Lust, nach Jülich zu ziehen. Ich bin in eines der Wohnheims-Häuser gezogen und habe dort in einer internationalen 5er-WG gelebt. Das war echt cool. Überhaupt war das Leben auf dem Campus klasse, weil es einen schönen Zusammenhalt, auch wohnlich, unter uns Studierenden gefördert hat.. Es gibt in Jülich sehr viele internationale Studierende, also wurde dort überall in vielen verschiedenen Sprachen gesprochen, und ich habe viele Kulturen kennengelernt. Wir haben Grillfeste veranstaltet. Es wurden Essen organisiert, bei denen libanesisch, chinesisch oder indisch gekocht wurde. Bei gutem Wetter haben wir uns am und auf dem Beachvolleyballfeld getroffen. Im Nachhinein bereue ich kein bisschen, nach Jülich gezogen zu sein. Wenn ich etwas anders machen würde, dann würde ich mir für das Studium etwas mehr Zeit lassen, um das Studi-Leben noch mehr zu genießen, denn es war eine echt coole Zeit.

Stehen Sie noch mit ehemaligen Kommilitonen bzw. der FH Aachen in Kontakt?

Ja, die meisten meiner engsten Freunde stammen aus der FH Zeit. Ich finde es auch wichtig, zu meinen ehemaligen Professorinnen und Professoren und Kommiliton:innen Kontakt zu halten. Viele der früheren Kommiliton:innen arbeiten jetzt ebenfalls in der Life Science-, Biotech- oder Medizintechnik-Branche, und da können wir gut netzwerken. Andere haben eigene Firmen gegründet, die ich über soziale Netzwerke unterstützen kann.

Was haben Sie nach Ihrem Studienabschluss gemacht?

Ich habe meine Masterarbeit in einem Medizintechnik-Unternehmen in Aachen geschrieben. Dort habe ich mich beworben, die Stelle bekommen und dort direkt nach dem Studium im Marketing als Produktmanagerin angefangen zu arbeiten. Eine sehr interessante Stelle, die mir gut gefiel und bei der ich viel gelernt habe.

Es lief dort sehr gut für sie, so hätte es weitergehen können. Doch sie haben nach einiger Zeit die Bremse gezogen und das Unternehmen verlassen. Wieso dieser Schritt?

Ich hatte fünf Jahren Studium hinter mir und war seit drei Jahren im Job. Mir gefiel es dort, aber mich befielen Zweifel, ob es wirklich das ist, was ich für die nächsten Jahre oder sogar Jahrzehnte machen möchte. Also habe ich mich entschlossen, eine Auszeit zu nehmen und reisen zu gehen. Ich wollte einmal auf „Reset“ drücken und schauen, wie ich weiterhin leben und arbeiten möchte. Ein Jahr lang, von August 2019 bis August 2020, war ich unterwegs.
In den ersten Monaten habe ich noch viel geplant, aber das wurde immer weniger, immer mehr habe ich mich treiben lassen. In Thailand habe ich dann den Divemaster (Ausbildung zum professionellen Taucher mit der Möglichkeit als Tauchführer zu arbeiten, d.Red.) gemacht und auf der Insel Koh Tao in einer Tauchschule gearbeitet. Tja, und dann kam Corona, und alles änderte sich, auch die Möglichkeiten zu reisen. Ich habe dann von Thailand aus freiberuflich im Onlinemarketing gearbeitet. Dabei ist mir immer klarer geworden, dass ich für ein Unternehmen oder eine Organisation arbeiten möchte, die nachhaltig produziert und verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgeht. So bin ich auch in Kontakt mit meinem jetzigen Arbeitgeber PL BioScience gekommen.

Im vergangenen Jahr sind sie nach Deutschland zurückgekehrt und haben eine feste Stelle PL BioScience angenommen. Was machen sie dort?

Ich bin der Kombination aus Biomedizin-Wissen und Marketing treu geblieben und arbeite als Marketing & Business Development Specialist. Meine Aufgaben sind vielfältig und ein Zusammenspiel aus Marktbeobachtung und Recherche, Kundenkontakt und klassischem Onlinemarketing. Außerdem freelance ich noch als virtuelle Assistentin für Social Media und Onlinemarketing für verschiedene Kunden. Entscheidend ist für mich, dass ich mich mit den Zielen und Werten meines Arbeitsgebers voll identifizieren kann und dass ich Teil eines tollen Teams bin. Ich brauchte erst die Reise, um mir klar darüber zu werden, dass es mir genau darauf ankommt. Und beides finde ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber. Nur deshalb kann ich mich auch mit Überzeugung vor die heutigen Studierenden stellen und ihnen von unseren Produkten berichten.

Was macht denn ihre Nährlösung nachhaltiger?

Üblicherweise werden Nährmedien für die Zellkultivierung aus tierischen Produkten hergestellt. Hergestellt werden sie vor allem in Ländern wie Brasilien, Nordamerika oder Südafrika. Wir haben also, neben der ethischen Frage der Tiernutzung, es auch mit einer enormen Ressourcenfrage zu  tun. Unser Nährmedium wird hingegen aus recycelten menschlichen Blutplättchen gewonnen. Dazu sammeln wir aus Blutbanken oder Kliniken Thrombozytenkonzentrate ein, die aufgrund ihrer Lagerzeit nicht mehr genutzt werden können (nach vier bis fünf Tagen müssen die Blutspenden entsorgt werden, d. Red.). Wir bereiten die Thrombozyten dann mit mechanischen Methoden so auf, dass die wichtigsten Wachstumsfaktoren und Nährstoffe frei verfügbar sind. Das Nährmedium erzielt dann nach der Behandlung sogar bessere Ergebnisse als die konventionellen tierischen Produkte.

Weshalb gehen Sie an Hochschulen, um über diese Alternativen-Nährlösungen aufzuklären? Sehen Sie da einen großen Informationsbedarf?

Ich bin da ein Stück weit von mir selbst ausgegangen. Währende des Studiums habe ich mich, wie die allermeisten meiner Kommilitonen, nicht näher mit Nährlösungen oder anderen Laborausstattungen befasst. Ich ging ins Labor und nutzte die Ausrüstung, die vorhanden waren. Aber so richtig Bescheid über die Materialien und Technologien wusste ich damals nicht. Das war auch nicht gefordert. Ich hätte auch gar nicht gewusst, welche Firmen ich für welche Materialien hätte ansprechen sollen. Diese Lücken wollte ich mit dem Gastvortrag schließen.

Wie war die Rückmeldung der Studierenden?

Über das Feedback der Studierenden habe ich mich sehr gefreut, denn es ist durchweg positiv ausgefallen. Viele sagten mir anschließend, dass sie nicht viel über die Zusammensetzung und die Herkunft der Zellkulturmedien gewusst haben. Sie waren total interessiert an Inhaltstoffen, Herstellungsart und auch der Wirtschaftlichkeit dieses Alternativprodukts.

Wie kam der Kontakt mit der FH Aachen zustande?

Die Abteilung für Innovationstransfer der FH Aachen unterstützte mich dabei, die passenden Lehrenden am Campus Jülich zu kontaktieren. Für mich war die Kontaktaufnahme zur FH Aachen aus mehreren Gründen naheliegend: Zum einen ist die FH Aachen sehr nah an den Unternehmen dran, und zum anderen habe ich auch einen persönlichen Bezug zur Hochschule, denn ich habe ja selbst am Campus Jülich studiert. Ich stand eigentlich immer in Kontakt mit der Hochschule, nur war das eher informell.

Datum: März 2022