Philipp von Buch

Mit Leidenschaft zum Erfolg

Nach dem Abitur absolvierte Philipp von Buch eine Ausbildung zum Tischler mit integrierter Meisterschule. Anschließend studierte er von 1998 bis 2004 Architektur an der FH Aachen. Schnell war dem gebürtigen Düsseldorfer klar: In einem klassischen Architekturbüro in der Umgebung zu arbeiten ist nicht sein Ding. Er suchte sein Glück im Ausland. Er fand es in San Sebastian, Spanien, wo er seit 2005 mit seiner Familie lebt und für die Firma Wavegarden Surfparks designt und realisiert. Momentan ist er wieder häufiger in Deutschland, weil er den „Surf- und Naturpark powered by Wavegarden“ betreut, der derzeit in Krefeld entsteht. Wir haben mit ihm über die Fallen beim Berufseinstieg gesprochen und darüber, wie man sein Glück finden kann, wenn man dem Gefühl folgt und das macht, wofür das Herz schlägt.

Wie kommt man als Architekt aus Nordrhein-Westfalen dazu, in Spanien künstliche Anlagen zum Wellenreiten zu designen?

Also, zuallererst mal bin ich schon ewig leidenschaftlicher Surfer. Das war auch einer der Gründe, weshalb ich während meines Studiums – ich habe Architektur mit der Vertiefungsrichtung Baukonstruktion studiert – mein Praxissemester in San Sebastian in Spanien absolviert habe. (lacht)

Aber gelernt habe ich dort auch viel. Während des Praxissemesters wurde ich seitens der FH Aachen von Professorin Uschi Kahlen betreut, die damals Freihandzeichnen lehrte. Sie war eine außergewöhnliche Frau, die sich sehr viel Zeit für ihre Studierenden nahm und mich während meiner Zeit im Ausland toll betreut hat. Das Praxissemester bietet tolle Erfahrungen. Ich empfehle allen Studierenden, diese Chance zu nutzen. Ich habe in San Sebastian viele großartige Menschen kennengelernt, unter anderem die beiden Gründer der Firma Wavegarden. Wobei es Wavegarden damals noch gar nicht gab; die Beiden leiteten zu der Zeit ein Unternehmen, das in ganz Spanien Skateparks baut. Wir waren auf jeden Fall direkt auf eine Wellenlänge.

Haben Sie direkt nach dem Studium dort angefangen zu arbeiten?

Nein, ich bin mit meiner Freundin, jetzt Ehefrau, nach dem Diplom zunächst nach Lissabon gegangen. Sie ist auch Architektin, und wir hatten den schönen Plan, in dieser herrlichen Stadt als Architekten zu arbeiten und portugiesisch zu lernen. Ich finde, Sprachen zu lernen öffnet einem die Welt. Es gibt keinen besseren Schlüssel.  

Die Realität war leider weniger romantisch. Damals mussten Architekten in Portugal nach dem Studium erst mal zwei Jahre Praktikum machen, um als Architekten anerkannt zu sein – weitgehend unbezahlt, versteht sich. Ich habe in einem kleinen Büro angefangen, meine Frau in einem anderen Büro. Beide haben wir nur ein paar hundert Euro monatlich bekommen. Mit Unterstützung des damaligen Dekans des Fachbereichs Architektur der FH Aachen, Professor Wulff, habe ich ein SOKRATES-Stipendium für junge Berufseinsteiger im Ausland bekommen, was zusätzliche 400 Euro pro Monat bedeutete. Aber es war trotzdem sehr schwierig für uns. Der Druck erhöhte sich nochmals deutlich, als meine Frau schwanger wurde und unsere Tochter auf die Welt kam; wir mussten nun mit unseren Praktikantengehältern eine Familie ernähren.

Also arbeitete ich immer mehr, nahm alle möglichen Aufträge an. Ich ging morgens ganz früh aus dem Haus und kam erst spät abends zurück, hatte keine Wochenenden und keine Feiertage mehr. Ich bekam von meiner Tochter nichts mit und wurde immer gestresster und unglücklicher. Irgendwann wurde mir klar, dass ich voll in die Falle des Berufsanfängers getappt war. Das konnte so nicht weitergehen, so wollten wir nicht leben. Also zogen wir die Notbremse und beendeten 2005, nach knapp eineinhalb Jahren unsere Zeit in Lissabon.

Hatten Sie bereits ein neues Ziel?

Eines Tages, wir waren bereits halb im Aufbruch, rief mich einer der Geschäftsführer von Wavegarden an. Er erzählte mir, er wolle eine künstliche Welle entwickeln und sich auf dieses neue Thema konzentrieren, und er fragte mich, ob ich den Skatepark-Bereich übernehmen wolle. Da haben meine Frau und ich nicht lange überlegen müssen: Das war wie eine Fügung. Und es wurde unser Glück. San Sebastian ist einfach herrlich. Man hat das Meer und die Berge, die Menschen sind sehr nett und entspannt, und wir kannten ja auch schon viele Leute.

Der Job war auch großartig. Ich habe über 80 Skateparks in ganz Spanien designt und mit aufgebaut, zum Großteil gemeinsam mit den Kids in den Städten. Parallel dazu haben wir die ersten Prototypen für die künstliche Welle gebaut. Wir haben alles selbst gemacht: designt, geschweißt, geschraubt, gebaut. In unseren Anfängen habe ich auch viele Fotos und Videos für Promo-Videos und Präsentationen gemacht. Ich hatte von Anfang an das starke Gefühl, das sei ein einzigartiges Projekt, das echt groß werden kann, weshalb ich den Werdegang der Firma in Bild und Ton dokumentiert habe.

Was für ein Engagement!

Allerdings. Aber es kam uns nicht wie Arbeit vor. Wir hatten einen gemeinsamen Traum: Wir wollten die perfekte Welle schaffen. Das ist ein Traum, den vor uns auch schon einige andere hatten. Es gibt Hunderte Patente für künstliche Wellen, die aber schlussendlich alle an irgendetwas gescheitert sind. Aber wir haben es geschafft. Das liegt vor allem daran, weil mein Chef ein begnadeter Ingenieur ist – und zudem ein hervorragender Surfer, der ein tiefes Verständnis und Gefühl für die Wellen hat. Er war spanischer Meister im Longboarden.

Mehr als ein Jahrzehnt steckt in der Entwicklung der Technologie zur Wellengenerierung und in den ersten Prototypen. Da war schon viel Idealismus dabei. Meine Frau fragte mich auch das ein oder andere Mal, halb scherzhaft, wann ich denn mal beginne Geld zu verdienen.

Wie geht es dem Unternehmen heute?

Als ich dort anfing, waren wir zu dritt, die beiden Geschäftsführer und ich. Für das Wellenprojekt kam noch ein weiterer junger Ingenieur dazu. Das war das Basis-Team. Heute sind wir Weltmarktführer mit über 70 Mitarbeiter:innen und realisieren Projekte auf der ganzen Welt. Derzeit sind sechs Wavegarden Anlagen, die inspiriert sind von einigen der weltweit bekanntesten und schönsten Surfspots, in Betrieb. 46 Projekte befinden sich gerade in unterschiedlichen Entwicklungsstadien – eines davon in Krefeld, was mich häufiger wieder in die alte Heimat reisen lässt.

Was sind Ihre Aufgaben?

Ich bin auf der einen Seite Projektarchitekt für Projekte in Deutschland, Schweiz,  Brasilien, USA und vielen anderen Orten. Auf der anderen Seite arbeite ich in der Projektentwicklung und entwickle neue Details und Konstruktionsmethoden für unsere Anlagen. Außerdem bin ich aktiv in der Produktforschung und Materialentwicklung. Besonders das Thema Nachhaltigkeit treibt uns an, uns und unsere Parks weiterzuentwickeln. Wir haben viele Technologien und Maßnahmen entwickelt, um beispielsweise Wasserverbrauch und CO2-Emissionen zu minimieren. So haben wir den Einsatz von Beton durch alternative wasserdichte Systeme deutlich reduziert und damit den CO2-Fußabdruck der Anlagen um 90 Prozent gesenkt. Unser Ziel für die kommenden Jahre ist es, klimaneutral zu werden.

Was mögen Sie besonders an Ihrem Beruf?

Zunächst mal unser tolles Team. Wir halten alle zusammen und sind eher eine Clique als Kollegen. Der Job ist sehr abwechslungsreich, nicht nur durch die unterschiedlichen Projekte in den verschieden Ländern, sondern auch durch die vielen Bereiche, in den ich tätig bin. Außerdem bin ich sehr gerne draußen, arbeite gerne mit den Händen, mache mich gerne auch mal schmutzig. Da fühlt sich die Arbeit gar nicht wie Arbeit an, so viel Spaß macht es.

Hilft Ihnen heute noch das im Studium Erlernte in Ihrem beruflichen Alltag?

Auf jeden Fall. Im Studium war es von Anfang an wichtig, eigenständig zu arbeiten. Dass ich selber für meine Lösungen und Ergebnisse verantwortlich war, hat mir im Studium gut gefallen und passt auch perfekt an meinem generellen Arbeitsstil. Und wir haben immer viel praktisch gearbeitet, nicht nur Theorie gebüffelt, das fand ich gut. Was mir auch gefiel und mich gut vorbereitet hat, war, dass wir im Studium gelernt haben, komplette Prozesse zu untersuchen und im Überblick zu haben, vom Design bis zur praktischen Umsetzung eines Projektes.

Stehen Sie noch mit ehemaligen Kommilitonen bzw. der FH Aachen in Kontakt?

Ich bin in sehr engen Kontakt mit mehreren meiner ex-Kommilitonen. Wir sind zu einem engen Freundeskreis zusammengewachsen, und wir sehen uns so oft, wie es geht. Mit meinem ehemaligen Professor Horst Fischer habe ich auch ein nach wie vor sehr gutes Verhältnis. Er besucht mich sogar fast regelmäßig in San Sebastian. Wer kann das schon von seinem Professor sagen?

 Datum: August 2022