Thomas Janssen, Mechatronik

Nach der Beendigung meiner gewerblichen Ausbildung bei der Siemens AG im Jahr 2002 und dem parallel dazu erfolgreich absolvierten Fachabitur ist die Entscheidung zu studieren in den ersten Arbeitsmonaten bei meinem ersten Arbeitgeber sehr schnell gefallen. Ich habe damals im Bereich Mobility/Zugbau gearbeitet und mich mit Inbetriebsetzung und Vermessung/Ausrichtung von Zügen befasst. Trotz des sehr interessanten Aufgabenfelds war mein Anspruch, mehr über die technischen Zusammenhänge zu erlernen, schnell gewachsen. Mit einem Mechatronik-Studium wollte ich mehr Möglichkeiten und eine größere Bandbreite abdecken können. Und ich wollte möglichst schnell handeln, um nicht „auf der Stelle“ stehen zu bleiben.

Es hat etwas gedauert, bis ich Aachen lieben gelernt habe. Als „echter Niederrheiner“ muss man sich auf die Mundart und auf einen fremden Humor einlassen. Auf Grund einiger erschwerter Umstände in der Familie war ich am Anfang auch nicht in der Lage, meine Freizeit so zu nutzen, dass ich die Stadt und die Menschen kennen und „lieben“ lernen konnte. Aber im Laufe der Zeit hat sich das geändert und ich habe meine Zeit in Aachen sehr genossen. Die Stadt hat für mich ein besonderes Flair, sowohl die warmen Sommer wie zur WM 2006 als auch die heftigen Regengüsse, die „mal wieder über der Senke“ festhingen. Aachen ist eine interessante und tolle Stadt mit interessanten und tollen Menschen und wenn man seinen Geist, Augen und Ohren offen hält, dann kann man viel lernen und erleben.

Die Bandbreite der Fachhochschule Aachen und die Tatsache, dass sie im Stadtgebiet verstreut verschiedene Standorte hat, zeigt auch die Vielseitigkeit der Stadt und Studienmöglichkeiten. Zu meiner Zeit reichte das Flair der Räumlichkeiten von 70er Jahre, über 90er bis hin zum schicken Neubau. Die Hörsäle waren teilweise rustikal, aber erlaubten immer eine angemessene Teilnahme, ohne dass man sich in ihnen verloren fühlte. Genauso war es mit den Professoren und Dozenten, teilweise rustikal, aber man wurde nie allein gelassen.

Ich habe mich vor allem zu Beginn meines Studiums relativ „schwergetan“. Wie erwähnt hatte das wohl auch mit den familiären Punkten zu tun. Die Theorie im Grundstudium passte weniger zu meiner eher praktisch orientierten Herangehensweise. Nach einem Sterbefall in der Familie und einer Neuorientierung hatte ich zwar einige Extra-Semester gesammelt, aber ich war „erwachsener“ geworden.

Im Hauptstudium kam mir meine praxisorientierte Herangehensweise entgegen. Ich konnte jetzt die Theorie mit den Haupt- und Wahlfächern verknüpfen. Nach wie vor lebe ich in meinem jetzigen Berufsleben von den Erfahrungen, die ich z.B. in der Mikrotechnik gemacht habe. Die Mischung aus Praktika, Vorlesung und Übung war wie für mich geschaffen. Darüber hinaus verbindet das Fach Mechatronik alles von Physik über Elektrotechnik bis hin zum Maschinenbau. Ein zusätzliches Highlight war ein Hands-On Praktikum in Zweibrücken, organisiert von Professor Kämper, in dem wir selbst im Reinraum Sensoren bauen konnten. Interessanterweise waren es auch Veranstaltungen, wie z.B. „Management-Wissen“, die mir mit einem gehörigen Drang zur „Ironie“, oftmals die heutige Realität in der Berufswelt vor Augen führten.

Das Studium an der Fachhochschule war für mich einer der wichtigsten Bausteine in meiner beruflichen, aber auch menschlichen Entwicklung. Fachlich stehen einem unendlich viele Möglichkeiten zu, sich zu entwickeln und auszuprobieren. Das Ganze immer mit einem guten Augenmaß auf die berufliche Praxis bezogen. Die persönliche Situation und das Lernen damit umzugehen hat mich charakterlich besonders beeinflusst und für die Zukunft gestärkt.

Im Studium lernt man u.a. wie es ist, einmal „auf die Nase zu fallen“ und danach aus eigener Kraft wieder aufzustehen. Das stärkt den Charakter. Es gibt viele Möglichkeiten seinen Weg zu machen, man darf aber nicht sofort aufgeben, wenn es nicht auf Anhieb funktioniert.

Meiner Meinung nach sollte man sich, wenn man sich für ein Studium entscheidet, Spaß und Interesse daran haben, was man macht. Das Mechatronik-Studium hat eine große Bandbreite an Möglichkeiten geboten. Aber ich kann nicht sagen, dass immer alles zur Praxis passt. Die Welt ist schnelllebiger geworden und befindet sich im Wandel. Viele „totsichere Branchen“ verändern sich enorm und auch die Digitalisierung erhöht das Tempo dieses Wandels. Darüber hinaus zeigt z.B. die Situation um Corona, dass sich die Art zu arbeiten auch verändert (Stichwort Home Office). Und ich denke diese Veränderungen werden auch nicht wieder verschwinden.

Vieles kann man sich im Laufe der Zeit auch ohne ein Studium erarbeiten, aber das Fundament sollte schon passen. Ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass einige fachliche Inhalte manchmal nicht zu dem passen, was im Berufsleben passiert. Viele Berechnungen und theoretische Feinheiten werden in der Praxis nicht beachtet, weil z.B. die Digitalisierung jetzt viele Aufgaben übernimmt. Dies mag vielleicht anders sein, wenn man im Bereich R&D arbeitet.

Meiner Einschätzung nach ist das Berufsleben, je nach Aufgabe, stark geprägt von der Bandbreite an Wissen und von den erlernten Softskills. Mein grundsätzliches „Handwerk“ habe ich im Mechatronik-Studium gelernt. Aber als Abteilungsleiter brauche ich nicht mehr das Fachwissen über jedes technische Detail. Jetzt ist es wichtig zu verstehen, worum es geht und im Zweifel zu delegieren oder die Fähigkeit zu haben, sich bei Bedarf möglichst schnell und tief in ein Thema einzuarbeiten.