Praktikum in Sao Paulo, Brasilien, 2015-2016

Auf einen Blick

Wo, wer, wann

  • Studiengang  an der FH Aachen: Produktentwicklung (M. Eng.), Fachbereich 8
  • Autor des Erfahrungsberichts: Nico Troß
  • Beginn und Ende des Auslandsaufenthalts: 01.04.2015 – 30.01.2016
  • Das Auslandssemester wurde durchgeführt im: 4. Mastersemester
  • Firmenstandort, Land: São José dos Campos, São Paulo, Brasilien
  • Homepage der Firma: http://www.ccm.ita.br/
  • Name des Betreuers an der FH: Prof. Dr.-Ing. Martina Klocke

Vorbereitungen

  • Wann haben Sie mit den Vorbereitungen begonnen? 1 Jahr vor Aufenthalt.
  • Wie erfolgte die Kontaktaufnahme zum Arbeitgeber? Die Kontaktaufnahme erfolgte über einen Doktoranden des brasilianisches Institutes, den ich über meine Hiwi-Tätigkeiten kennenlernte.
  • Wie lange dauerte das Bewerbungsverfahren und welche Unterlagen wurden benötigt? Ein Bewerbungsverfahren gab es nicht direkt. Über eine Empfehlung wird eine sichere Zusage erteilt, insofern die Ressourcen für die Beschäftigung vorhanden sind und keine Unstimmigkeiten bei der Prüfung der Dokumente aufkommen. Vom Moment der Kontaktaufnahme bis zur sicheren Zusage sind ca. 6 Monate vergangen. Benötigt werden ein internes Bewerbungsformular, Kopie des Reispasses, Motivationsschreiben, aktueller Notenauszug sowie das letzte Zeugnis.
  • Benötigten Sie ein Visum und wenn ja, mussten Sie sich das selbst organisieren oder hat es der Arbeitgeber für Sie beantragt? Ein Visum wird benötigt, auch bei einem Aufenthalt unter 90 Tagen. Das Visum ist selbst zu organisieren, der Arbeitgeber unterstützt aber bei der Beschaffung der benötigten Dokumente.
  • Nützliche Tipps oder weiterführende Infos zur Vorbereitung: Die Landessprache Brasiliens ist Portugiesisch. Ein Sprachkurs sollte unbedingt absolviert werden, da selbst im Institut wenig bis kaum Englisch, geschweige denn Deutsch, gesprochen wird. Hier reichen Grundkenntnisse auf dem Niveau B1, alles weitere eignet man sich während des Aufenthaltes an. Werden Dokumente aus Brasilien angefordert, sollte man sich die Trackingnummer geben lassen.

Finanzielles

  • Erhielten Sie Fördermittel zur Finanzierung des Auslandsaufenthalts? Mein Aufenthalt betrug knapp ein Jahr. Die ersten sechs Monate erhielt ich ein Promos Stipendium (300€/Monat), die letzten Monate ein Stipendium aus Brasilien (R$ 1500, ca. 350 €, Stand: 2015). Beide Stipendien sind nicht selbstverständlich, sondern müssen in Eigeninitiative beantragt werden. Es wird jeweils ein separates Bewerbungsverfahren durchlaufen.
  • Erhielten Sie eine Entlohnung vom Arbeitgeber? s. Stipendium
  • Wie hoch waren ungefähr die Anreisekosten in das Gastland? Ca. 450 € (Nur Hinflug)
  • Wie hoch sind ungefähr die Lebens- und Wohnkosten im Gastland? Miete ab 150 € monatlich möglich, je nach gewünschtem Lebensstandard. Die Lebenshaltungskosten sind mit denen in Deutschland vergleichbar. Während meines Aufenthaltes konnte ich umsonst in der Kantine Mittagessen, wodurch sich die monatlichen Gesamtkosten reduzieren ließen.
  • Mussten Sie eine zusätzliche Krankenversicherung abschließen? Der Nachweis einer Auslandskrankenversicherung wird spätestens bei der Beantragung des Visums benötigt. Meine Familienversicherung hat dies jedoch abgedeckt.
  • Sind weitere Versicherungen notwendig? Nein.

Vor Ort

  • Welche Formalitäten waren nach der Ankunft zu erledigen?
    1. Es wird ein Ausweis für Ausländer, kur RNE (Registro Nacional de Estrangeiros) benötigt. Dieser ist innerhalb 30 Tage nach Ankunft bei der örtlichen Polizei zu beantragen. Hier werden benötigt: 2 Passfotos (3cm x 4cm), internes Formular, In Brasilien beglaubigte Kopie des Reisepasses, Original des Visa Antrags, Gebühr in Höhe von ca. 40 €;
    2. Steuernummer (wird benötigt zur Eröffnung eines Bankkontos oder Aktivierung einer SIM Karte);
    3. Crachá: Universitätsausweis, der bei Betreten und Verlassen des Campus vorgezeigt werden muss. Beim ITA handelt es sich um eine Universität, welche der brasilianischen Luftwaffe angehört und auf Militärgebiet liegt. Die Kontrolle des Ausweises wird daher sehr ernst genommen und ohne Ausweis ist kein Zugang möglich.
  • Wie gestaltete sich die Wohnungssuche? Es gibt eine Website ähnlich wg-gesucht: http://www.easyquarto.com.br. Nach einer Registrierung bekommt man schon recht schnell (gute) Angebote zugesandt. Alternativ bietet sich für den Anfang eine Unterkunft im Hostel an. Der Arbeitgeber unterstützt bei der Wohnungssuche, eine sichere Unterkunft ist aber nicht garantiert.
  • Wo sollte man am besten wohnen? Es bietet sich an, in der Nähe der Uni zu wohnen. SJC ist eine Stadt mit über 500000 Einwohnern, was viel Verkehr am Morgen bedeutet.
  • Wie sind die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort? In der Regel sind Supermärkte innerhalb 10 – 15 min fußläufig zu erreichen.
  • Was ist billig bzw. teuer im Gastland? Die Miete ist billiger als in Deutschland, das Essen in etwa gleich. Teurer sind Multimediageräte (Handy, Computer).
  • Wie weit wohnten Sie von der Firma entfernt und wie gestaltete sich der tägliche Weg zur Arbeitsstelle? Meine Wohnung lag 30 min zu Fuß von der Arbeit entfernt. Ich war jeden Tag zu Fuß unterwegs, hätte mir aber rückwirkend betrachtend ein Fahrrad kaufen sollen.
  • Was können Sie über den Firmenstandort sagen? SJC liegt 2h entfernt von São Paulo und knapp 6h von Rio de Janeiro. Der nächste Strand ist 1,5h entfernt. Um die Stadt selbst herum gibt es jede Menge Naturgebiete zum Wandern. Touristische Attraktionen gibt es in SJC selbst nicht, jedoch ein breites Angebot an Sportaktivitäten (besonders Kampfsport) sowie einige Bars und Diskotheken.

Über den Arbeitgeber

  • Beschreiben Sie kurz das Unternehmen! Das CCM-ITA ist ein Institut für angewandte Forschung mit besonderem Fokus auf Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen.
  • In welcher Abteilung arbeiteten Sie? Getriebetechnik.
  • Gab es irgendwelche erwähnenswerte Besonderheiten? Das CCM ist ein relativ kleines Forschungsinstut und kann daher als eine Art Start-up Unternehmen betrachtet werden. Dadurch erhält man bereits relativ früh Verantwortung und betreut eigene Projekte. Dabei ist man sehr frei bei der Gestaltung der eigenen Arbeitsinhalte und Ideen zur Verwirklichung seiner Projekte. Auch „out-of-the-box-thinking“ wird sehr gefördert.
  • Schwerpunkt Ihres Praktikums: Entwicklung eines alternativen Lösungsansatzes zur Bestimmung des Zahnradwirkungsgrades in einem System mit geschlossenem Leistungskreislaufs. Planung, Steuerung und Durchführung von Teilaufgaben in industriell geförderten Forschungsprojekten für die brasilianische Automobilindustrie.
  • Wurde das Thema des Praktikums vom Unternehmen vorgegeben oder konnten Sie es selber wählen? Es wurde zusammen erarbeitet.
  • Wie viele Stunden betrug Ihre durchschnittliche Arbeitszeit? 40 Std.

Schlussbetrachtungen - Fazit

  • Wie bewerten Sie Ihren Auslandsaufenthalt insgesamt? Der Aufenthalt war beruflich und persönlich bereichernd. Besonders durch die hohe Eigenverantwortung lernt man sehr selbstständig zu arbeiten. Die Zeit zum Herumreisen kommt definitiv auch nicht zu kurz.
  • Was waren die Höhen- und Tiefpunkte des Aufenthalts?
    Höhepunkte: Eigenständige Organisation einer mehrtägigen Exkursion zu verschiedenen regionalen Unternehmen. Meine Reisen nach Rio, Salvador, Bolivien und Peru.
    Tiefpunkte: Die sprachlichen Differenzen sind manchmal schwer zu überwinden, besonders zu Anfang. Man lernt jedoch recht schnell und nach knapp drei Monaten waren auch Gespräche, die aus mehr als einem Satz bestehen, möglich.
  • Was wird unvergessen bleiben? Meine Crachá habe ich erst nach einem Monat erhalten, musste also für diese Zeit täglich mit meinem Betreuer den Campus betreten und verlassen. Immer wenn ich nachgefragt habe, wann das Teil denn fertig sei, hieß es nur „relaxa“ (Bleib ruhig). In Deutschland gäbs das nicht. Das Feierabendbier am Freitag (oder auch jeder andere Tag der Woche) an der Tankstelle vor dem Campus. Und vieles mehr...
  • Welchen Rat möchten Sie anderen Studierenden mit auf den Weg geben, die sich für das Durchführen eines Praktikums im Ausland entscheiden? Es kommt oft nicht drauf an, wo man hin geht, sondern was man draus macht. Man sollte so viel reisen und mit Leuten sprechen wie möglich, die Landessprache und etwas über die Kultur lernen. Bei der Arbeit Eigeninitiative zeigen und es nicht so aussehen lassen, als wär man nur zum Feiern da. Am Ende auf ein Zeugnis bestehen.

Fotos vom Auslandssemester