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Studieren und Forschen in beiden Hemisphären

Kooperation des Royal Melbourne Institute of Technology und der FH Aachen

Rund 16.500 Kilometer liegen zwischen Aachen und Melbourne, aber gefühlt sind sich beide Städte seit Jahren sehr nah – zumindest die beiden Hochschulen FH Aachen und Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT University). „Im Jahr 2015 haben wir das Dual-Degree-Abkommen im Masterbereich geschlossen“, erinnert sich Prof. Dr. Thomas Esch, und bis heute hat sich die Kooperation zu einem echten Renner entwickelt.

Mehr als 50 Masterstudierende haben das Programm durchlaufen, das es den jungen Leuten ermöglicht, mit ihrem Studium in den Bereichen Automotive Engineering oder Aerospace Engineering gleich zwei Abschlüsse zu machen, je einen an der FH und an der RMIT University. Das funktioniert in beide Richtungen – allerdings sind die Schwerpunkte unterschiedlich. „Aus Melbourne kommen hauptsächlich Automotive-Studierende nach hier“, erläutert der Programmkoordinator des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik, „umgekehrt gehen mehr Aerospace-Studierende von Aachen nach Melbourne.“

Ein wesentlicher Grund dafür sind die Karrierechancen nach dem Studium. In Melbourne sind eine große Werft des Luftfahrtkonzerns Boeing und mehrere junge Start-Ups beheimatet, die jungen Australier:innen eine gute Jobperspektive bieten; hochwertige Stellen im Automobilsektor gibt es hingegen in Australien kaum. Die hervorragende Vernetzung der beiden Hochschulen mit den entsprechenden Wirtschaftsbranchen ist auch ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Kooperation. Die nach Aussage der australischen Partner exzellent ausgebildeten Aachener Studierenden sind in Melbourne sehr gerne gesehen, leisten mit Beiträgen zu Veröffentlichungen und den Promotionsarbeiten anerkannt wertvolle wissenschaftliche Beiträge. Das Royal Melbourne Institute of Technology gehört zu den besten 200 Hochschulen in der Welt, mehr als 90.000 junge Leute studieren an den Standorten in Australien und Asien. „Die Expansion nach Europa ist ein wichtiger Teil der Internationalisierungsstrategie des RMIT“, sagt Thomas Esch.

Das beschränkt sich nicht nur auf den Masterbereich. Im Rahmen des REDI-Programms (RMIT European Doctoral Innovators) werden europaweit 45 Doktorand:innenstellen geschaffen, drei davon sind an der FH Aachen angesiedelt. Über Forschungsprojekte, die in enger Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft ablaufen, will das RMIT seine Industriekontakte ausbauen. Für die FH ist die Kooperation mit dem RMIT im Promotionsbereichs nichts Neues – auch hier gibt es seit 2012 einen engen Austausch. Mehr als 20 Nachwuchswissenschaftler:innen der FH promovieren beziehungsweise haben die Promotion am RMIT abgeschlossen. Die meisten von ihnen kommen aus dem Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik, mit Jessica Ulmer hat jetzt auch die erste Doktorandin aus dem Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik ihre Promotion „down under“ vor kurzem abgeschlossen.

Egal, ob Austauschsemester im Bachelor, Dual-Degree-Master oder Doktorand:in – „die Leute, die wir nach Australien schicken, sind hervorragende Botschafter für uns“, sagt Thomas Esch. Sie seien motiviert und engagiert. „Unsere Kollegen vom RMIT haben ein schönes Wortspiel für diese Win-Win-Situation. We have the tracks, you have the trains.“.

Eindrücke und Erfahrungen von Studierenden und Forschenden

Felicita Frerich – FH-Studentin in Melbourne

„Ich war noch nie vorher in Australien oder habe ein Austauschjahr gemacht. Eines meiner Ziele ist es vor allem, mein Englisch zu verbessern und ich merke schon nach ein paar Monaten hier, dass ich im Sprechen deutlich selbstbewusster geworden bin. Englisch ist nach wie vor die Sprache der Ingenieur:innen und daher denke ich, dass das viele Türen öffnen kann. Zum Beispiel wenn man nach dem Studium im Ausland arbeiten will. So legt mein Betreuer auch großen Wert darauf, dass ich lerne mit anderen Maßeinheiten abseits des metrischen Systems zu arbeiten. Ich lerne also sehr viel internationaler zu arbeiten. Auch hat es mich interessiert zu sehen, wie in anderen Ländern im Ingenieurbereich gearbeitet wird.

Das Jahr in Melbourne wird mir definitiv dabei helfen eine Entscheidung darüber zu fällen, was ich nach meinem Studium machen möchte. Schon nach den ersten zwei Monaten haben sich meine Präferenzen geändert und ich kann viele Bereiche sehr viel differenzierter betrachten.

Ich denke, dass solch ein Austauschjahr auch dem zukünftigen Arbeitgeber zeigt, dass man offen für neue Dinge ist, selbstständig arbeiten kann und gute Englischkenntnisse hat. Es zeigt, dass man sich integrieren kann und bereit dazu ist neue Dinge auszuprobieren. Außerdem kann man auch schon Kontakte ins Ausland aufbauen.“

Alexander Leonhard Hartwig - FH-Student in Melbourne

„Was mich an dem Programm gereizt hatte, war, dass man parallel zwei Abschlüsse auf einmal macht und einer dabei vom RMIT ist. Die Uni in Melbourne ist eine ganz andere Dimension und es ist eine super Chance, mal in einer Großstadt zu wohnen. Hinzu kommen dann noch die ganz andere und faszinierende Natur und Tierwelt in Australien.

Das Konzept an der Uni in Melbourne ist im Gegensatz zur FH Aachen sehr anders. Doch gerade das finde ich sehr gut, denn inhaltlich ergänzen sich die unterschiedlichen Ansätze super. Am RMIT ist der Fokus auf dem wissenschaftlichen Arbeiten, während man an der FH eher praktische Problemstellungen löst. So haben wir im 1. Halbjahr sehr viel zur Literaturrecherche gemacht und viel theoretisches Wissen gelernt.

Die Australier sind sehr herzlich und super gastfreundlich. Unser Studiengang ist relativ klein und man findet sehr schnell Anschluss, zum Beispiel durch studentische Arbeitsgruppen oder Clubs. Freitags abends geht man daher auch gerne mal gemeinsam in den Pub.

Durch den Aufenthalt am RMIT und in Australien bekommt man definitiv eine andere Perspektive und man hinterfragt seine eigenen Ansichten. Man wird in vielerlei Hinsicht aus seiner Komfortzone herausgeholt.“

Domenico Tedesco - RMIT-Student im Dual-Degree-Master-Programm

"For me, the Master's degree programme is a great opportunity to gain new skills and rejoin the workforce after being away from the industry. The Master's degree programme offers the opportunity to see how academics and industry come together. I have always enjoyed learning new things and, especially in academia, you are always confronted with new topics. With the double degree, you get the chance that you and your degree will be recognised in Europe, which is good if you plan to stay in Europe in the future. That's a plus if you want to be flexible in your life planning.

The automotive industry in Germany is very strong, so I think this is a good way to engage with the industry and make contacts. There are many companies in the Aachen area and the faculties have good connections to the industry. The assessment of the work and the studies is very different here. You also learn to work more independently. With industry cooperation and commercial research, the workload is increasing. So there is a lot of demand for work here.

My advice for other students/participants is: be clear about where you want to go. It's important to learn the language if you have the opportunity to get to know the people and engage with the culture. And be prepared for winter! When I arrived here in February, I had to buy a jacket and shoes to keep warm.

The programme is a great opportunity to gain experience and learn about new cultures. If you have the opportunity to travel, take it!"

Joscha Mayntz - FH-Doktorand in Kooperation mit dem RMIT

„Das Programm hat viele Vorteile. Ein wichtiger Punkt ist, dass man weiß, wann die Promotionszeit endet. Im australischen System gibt es eine maximale Laufzeit von vier Jahren für die Promotion. Damit hat man ein konkretes Ziel, worauf man hinarbeiten kann. Die Promotion ist in Meilensteine eingeteilt und bei jedem Meilenstein überprüft ein Gremium deine Arbeit. Diese internen Kontrollmechanismen helfen enorm und es herrscht durchgehend ein enger Austausch mit den Betreuenden, was sehr zielführend ist.

 Man bekommt zudem die Möglichkeit, international zu reisen, zum Beispiel zu Konferenzen in die USA. So lernt man auch, die eigenen Ergebnisse mit einem Fachpublikum zu teilen. Es bringt nichts, wenn man die tollste Erfindung in der eigenen Kammer stehen hat, dies aber nicht mit der Außenwelt teilt. Bei diesem Programm sitzen deine Betreuer auf der anderen Seite der Welt und du musst deine Ergebnisse mit ihnen besprechen. Dieser Austausch unter den Forschenden bringt einen sehr weiter. Man hat dann definitiv keine Scheu mehr davor, jede Person, egal an welchem Ort auf der Welt anzurufen.

Hinzu kommt das interkulturelle Arbeiten, was von einem unschätzbaren Wert ist. Man bekommt ein ganz anderes Verständnis für Kulturen, und das fördert die Zusammenarbeit enorm. Australien ist besonders interkulturell, was sehr interessant ist. Die Leute sind völlig unvoreingenommen. Das hat man in Deutschland seltener."

Was nimmst du aus diesem Programm für dich mit?

"Hoffentlich einen Doktor!“

Ridhima Kaul - Forscherin im RMIT European Doctoral Innovators (REDI) Programm

"As a researcher in the FH Aachen, Germany and RMIT University, Australia, the unique blend of two universities across different hemispheres enriches my perspectives and work approach.

The project I'm involved in aligns closely with my Master's degree and the exceptional industry collaboration it offers. Having connections with individuals already studying at RWTH Aachen University reinforced my belief in this choice.

Having one university in a different hemisphere, I had to learn time management. Because of the different time zones, as the meetings can be at different times of the day. I also have to take into account that my family is in another country as well. Juggling time zones and managing responsibilities between universities in different countries and my family demands meticulous time management, teaching me valuable organizational skills. I also gained a lot of management skills from all the administrative work.

The program fosters the development of soft skills by encouraging regular research presentations, significantly boosting my confidence. Despite the supportive guidance from supervisors in both Aachen and Melbourne, the PhD journey inherently demands individual dedication within a structured time frame. Also, since I have a designated time frame of four years, so I have to learn to work in a very disciplined way.

What is special about the REDI Program is that I am in a community of researchers from many different countries mostly centered in Europe. Through this community, I can network in my research and see what other people are doing and form interesting collaborations. This way, we can all support each other and encouraging exchanges that foster mutual. The annual meeting serves as a platform to share research findings, promoting camaraderie among REDI researchers, enhancing academic connections and good research practices.”

Aezid UL Hassan Najmi - Forscher im RMIT European Doctoral Innovators (REDI) Programm

"I applied for the REDI Program because it perfectly matched my previous research and was linked to my interests. At FH Aachen, you acquire valuable scientific knowledge and gain insight into its practical applications, offering you a comprehensive understanding of industry perspectives. In my opinion, this will be a compelling opportunity for me. It's a robust, rigorous, motivated, and learning environment that fascinates me, and the industrial collaboration is loaded with untapped potential, making it an exceptionally advantageous choice. The collaboration offers extensive scientific knowledge, direct application in industry, and enhances the connections to industry, which is a great advantage for future prospects.

We also have the privilege of academic supervision and teaching. This is a new experience for me and a valuable skill addition to my CV.

When you are in a new country, you naturally experience some culture shocks, but I cope with them well. The biggest culture shock is always the language barrier, of course, but fortunately, all lectures are conducted in English, and the warmth and assistance from both professors and colleagues make the transition smoother. Prof. Esch always supports and motivates me; his supervision is extremely helpful.

I am grateful to the REDI Program for this opportunity and for enabling me to get the Blue Card, a special residence permit for foreign academic talents. That eases the pressure immensely and empowers you to fully immerse yourself in research, unlocking greater opportunities and innovative solutions."