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Die Rakete, die in einen Koffer passt

Studierende entwickeln eine Schubvektorsteuerung für Raketen – und testen sie in der Praxis

Unter dem Titel "RAPID" (Reusable Ascending Platform with Intelligent Directional-control) entwickeln Studierende des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik derzeit eine Modellrakete mit eingebauter Schubvektorsteuerung. Im Frühjahr soll der erste Testflug stattfinden. Bis auf eine Höhe von 50 Meter soll die RAPID-Rakete steigen, und das möglichst senkrecht.

Das Herzstück steckt im Inneren der Rakete. Constantin Meier und Louis Hölscher erklären, wo die technische Herausforderung liegt: "Wir haben ein System entwickelt, das aus Sensoren, einer Steuerungselektronik und -mechanik sowie Raketenmotoren besteht." Die Sensoren erfassen Geschwindigkeit, Höhe und Lage des Flugkörpers. Weicht dieser von der geplanten Flugbahn ab, greift die Steuerung ein und verändert die Ausrichtung der Motoreinheit. Mit dieser Schubvektorsteuerung wird die Rakete gleichsam automatisiert auf Kurs gehalten.

Flugbahn wird präzise gesteuert

Als Antrieb setzt das siebenköpfige Team kleine Treibsätze ein, wie sie auch für Silvesterfeuerwerk genutzt werden. Die auf Schwarzpulver basierenden Motoren brennen für knapp fünf Sekunden und befördern die Rakete mittels des Rückstoßprinzips in die Höhe. "Bei unserem Projekt setzen wir PID-Regler ein", erläutern Constantin Meier und Louis Hölscher. Ein PID-Regler wird verwendet, um die Flugbahn der Modellrakete präzise zu steuern. Das Regelsystem ermöglicht somit die Korrektur von Kursabweichungen durch Anpassung der Orientierung der Raketenmotoren. Als Startrampe nutzt das Team einen umgebauten Koffer. Über ein eigens angefertigtes Rohr werden die Abgase abgeleitet, damit der Startvorgang problemlos ablaufen kann. Und für den Transport passt die Rakete sogar in den Koffer.

"Wir arbeiten seit einem Jahr an dem Projekt", erzählen Constantin Meier und Louis Hölscher. Am Anfang standen umfassende Recherche, Konzeptentwicklung und Bau erster Prototypen, die Rakete selbst haben sie mit Unterstützung des Gründungszentrums der FH Aachen gebaut. Sie ist etwa 70 Zentimeter lang, der Durchmesser des Rumpfes beträgt 8 Zentimeter. "Wir sind sehr dankbar, dass wir die Bauteile dort mit verschiedenen Methoden der additiven Fertigung produzieren konnten", betonen sie. Sichtbar wird das etwa bei den organisch anmutenden Strukturen im Inneren der Rakete, die größtmögliche Stabilität gewährleisten sollen. Ein Partner sitzt auch in Münster. Luca Sapion studiert an der dortigen FH bei Prof. Dr. Peter Glösekötter, er ist im RAPID-Team für die Entwicklung und Programmierung von Platinen zuständig.

 

Jungfernflug im Frühjahr

Zu ihrem ersten Flug soll die Rakete im Frühjahr starten, und zwar auf einem Modellflugplatz der Modellfluggruppe Euskirchen-Zülpich. Und auch an die sichere Rückkehr auf den Boden hat das Team gedacht. Wenn die Maximalhöhe erreicht ist, wird die Spitze der Rakete abgetrennt. Ein Fallschirm soll sich entfalten und die Rakete sanft sinken lassen. Im Idealfall könnten die Teile so auch mehrfach genutzt werden.

K1-gefördertes Projekt

Die Studierenden sehen der Premiere gespannt entgegen; sie hoffen, dass gleich der erste Start gelingt. Ihre Zwischenbilanz fällt positiv aus: "Wir haben jetzt schon unglaublich viel gelernt, nicht nur über Raumfahrt und Regelungstechnik, sondern auch bezüglich Projektmanagement, Teamarbeit und Finanzen."

Das Team besteht aus Constantin Meier, Timo Richter, Falk Wilhelm, Louis Hölscher, Luc Deckers, Vincent Schulz, Yusuf Songün (alle FH Aachen) und Luca Sapion (FH Münster). Betreut werden sie von Prof. Dr. Philipp Hartmann, Lehrgebiet: Mess- und Regelungstechnik. Das Projekt wird von der Senatskommission für Studium und Lehre (K1) gefördert. Neben dem Gründungszentrum haben auch die Werkstatt des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik sowie der Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik das RAPID-Team unterstützt.