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Oumuamua - Reisender zwischen den Sternen

Forschungsteam mit Prof. Dachwald entwickelt Ideen zur Erforschung interstellarer Körper

Foto: European Southern Observatory / M. Kornmesser

Foto: European Southern Observatory / M. Kornmesser


Oumuamua ist ein Reisender ohne Ziel – und das seit Millionen, wahrscheinlich sogar Milliarden, von Jahren. Seine Reiseroute verrät er nicht. Planlos und voller Geheimnisse fliegt er seiner Wege: Oumuamua ist ein Komet. Aber nicht irgendein Komet, sondern ein "interstellarer Körper". Das bedeutet, dass er "zwischen den Sternen" reist. Er hat keinen festen Platz in einem Sonnensystem, dafür aber eine Heimat: Vermutlich war Oumuamua einst Teil eines größeren Körpers, eventuell sogar eines Planeten, und fliegt heute zwischen den Sternen. Vor drei Jahren wurde er auf Durchreise in unserem Sonnensystem gesichtet. Am 19. Oktober 2017 wurde er von Hawaii aus entdeckt und von seinem Entdecker auf den Namen "Oumuamua" getauft – das ist hawaiianisch und bedeutet "Botschafter aus weiter Ferne".

Oumuamuas Geheimnisse entfachten die Neugier von vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Einer von ihnen ist Prof. Dr. Bernd Dachwald, Professor am Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik der FH Aachen. "Wir wissen seit Jahrzehnten, dass es interstellare Objekte geben muss, aber Oumuamua war der erste, der von der Erde aus in unserem Sonnensystem beobachtet wurde", erzählt er. Zwei Jahre später entdeckte ein Hobbyastronom einen zweiten interstellaren Körper in unserem Sonnensystem: "2l/Borisov".

Beide interstellaren Besucher enthalten gefrorenes Wasser. Kommen Sie aus der Dunkelheit und Kälte des unendlichen Weltalls in ein Sonnensystem mit Licht und Wärme, so verändern sie sich. In der Nähe unserer Sonne und anderer Sternen wird das gefrorene Wasser zu Gas und fungiert als Treibstoff für die Reisenden. Nach ein paar Jahren verlassen die Körper unser Sonnensystem dann wieder. Oumuamua wird bald nicht mehr Gast unseres Sonnensystems sein und weiterreisen.

Prof. Dachwald möchte mehr über den Kometen erfahren. Wo kommt er her? Wie sieht sein Heimatsystem aus? Diese Fragen stellte er sich als Teil eines internationalen Forschungsteams unter der Leitung von Andreas Hein und Marshall Eubanks von der Initiative for Interstellar Studies und Space Initiatives Inc. Weiterhin beteiligt sind das Pariser Observatorium, das Florida Institute of Technology [FIT], das Institute of Theory and Computation [ITC] der Harvard University, die Technische Universität München [TUM], und die FH Aachen. Das Team möchte dem Phänomen der interstellaren Körper auf den Grund gehen. "Da wir die Bahn der beiden Körper im Sonnensystem vermessen können, wissen wir auch ungefähr woher sie kommen. Deshalb wissen wir auch, dass Oumuamua und Borisov aus verschiedenen Sonnensystemen kommen müssen, da sie auf unterschiedlichen Bahnen fliegen", erklärt Prof. Dachwald. Noch besser könnte man die Körper verstehen, wenn man sie auf längere Zeit aus nächster Nähe beobachtet, sie fotografiert oder sogar Proben von ihnen nimmt. In einer Untersuchung dieser Proben könnte die Häufigkeit der chemischen und vielleicht sogar biochemischen Bestandteile des Körpers festgestellt werden. So ließen sich Rückschlüsse zur Herkunft der reisenden Kometen, aber auch zu den Eigenheiten unseres Sonnensystems und der Erde ziehen.

Da Oumuamua aber sehr schnell ist, müssen die Forscherinnen und Forscher auf den nächsten Besucher seiner Art warten, um mehr über fremde Sterne, Planeten und Sonnensysteme zu lernen. Prof. Dachwald erläutert hierzu ein mögliches Zukunftsszenario: Man könne beispielsweise zehn unbemannte Raumfahrzeuge auf Wartepositionen in verschiedenen Orbits bringen und bei Beobachtung eines neuen interstellaren Objekts in unserem Sonnensystem das am günstigsten gelegene von ihnen zu diesem Besucher schicken. Das Raumfahrzeug könnte den Körper beobachten, vielleicht sogar auf ihm landen und im glücklichsten Falle Proben entnehmen. "Wir würden es gern sehen, dass so eine Mission geflogen wird", so Prof. Dachwald. Er ergänzt: "Wenn wir mit dem Bau des Raumfahrzeugs aber erst anfangen, wenn der Körper gesichtet wird, ist er weg, bis wir fertig sind."

All diese Fragestellungen und Ideen hat das Team unter dem Titel "Interstellar Now! Missions to and Sample Returns from Nearby Interstellar Objects" der Initiative for Interstellar Studies mit Prof. Dachwald als Teammitglied entwickelt und bei einer internationalen Umfrage zur Identifikation von zukünftig interessanten Weltraumforschungsthemen eingereicht ("Planetary Science and Astrobiology Decadal Survey 2023-2032" – Umfrage der US-amerikanischen National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine). So besteht die Möglichkeit, dass bei genügend Unterstützung anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Mission zu solchen interstellaren Objekten durchgeführt wird. Zu diesem Zeitpunkt werden Oumuamua und Borisov ihren Weg schon weitergeflogen sein, und uns werden hoffentlich neue interstellar Reisende, deren Ziel nur ihr Weg ist, besucht haben. Bis dahin: Guten Flug zwischen den Sternen.

Das nordamerikanische Onlinemagazin für Weltraum- und Astronomie-Nachrichten "Universe Today" hat die Gedanken des Forschungsteams in einem Artikel zusammengefasst. Diesen Artikel finden Sie hier.