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Europa fliegt zum Mars

Esa und Roskosmos starten Mission zum Nachbarplaneten


Der Mars ist heute auf den ersten Blick ein trockener und lebensfeindlicher Planet.  Doch es gibt Hinweise darauf, dass das einmal anders war. Bisher konnte aber keine Raumfahrtmission abschließend beweisen, dass es auf dem Mars früher Wasser und damit vielleicht auch Leben gab. Die europäische Raumfahrtorganisation Esa begibt sich daher in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtorganisation Roskosmos auf ihre Mission ExoMars.

Die Mission ist in zwei Phasen unterteilt. Heute (14. März, fhac.de/LiveStream_ExoMars) startet eine erste russische Proton-M-Rakete Richtung Mars und mit ihr ein Spurengas Orbiter, der als Wissenschaftssatellit bis 2022 um den Mars kreisen wird sowie ein Landemodul namens Schiaparelli, das mithilfe eines Fallschirms auf die Marsoberfläche absteigen soll. Für die Esa wird es das erste Mal sein, dass sie erfolgreich auf dem Mars landet. Diese Etappe ist daher besonders wichtig, um Erfahrungswerte für die zweite Phase der Mission zu sammeln: 2018 startet eine zweite Proton-M-Rakete, die einen Rover zum Mars bringen soll. Im Gegensatz zu den NASA-Rovern soll er nicht nur an der Oberfläche kratzen...

Prof. Dr. Bernd Dachwald vom Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik im Interview dazu.

Prof. Dachwald, wie unterscheiden sich die NASA-Missionen, die zum Beispiel den Rover Couriosity auf den Mars gebracht haben, von der Mission ExoMars?

Die beiden NASA-Rover Curiosity und Opportunity haben die Sicht auf den Mars als lebensfeindlichen Planeten teilweise revidiert. Ihnen verdanken wir eine Vielzahl neuer Erkenntnisse zum Mars, unter anderem, dass es früher Wasser auf seiner Oberfläche gab und dass deshalb auch seine Atmosphäre dichter als heute gewesen sein muss. Deshalb geht man heute davon aus, dass der Mars früher viel lebensfreundlicher war als er es heute ist. Aber wo ist das Wasser hin und mit ihm vielleicht unabhängig von der Erde entstandenes Leben? Leider ist es nicht möglich, dass man eine Sonde baut, dort landet und dann alle Fragen ein für allemal beantworten kann, inklusive der Fragen, die man vorher noch gar nicht hatte. So konnten die beiden NASA-Rover bisher keine Spuren von früherem oder noch existierenden Leben auf dem Mars nachweisen. Dies soll nun die europäische ExoMars-Mission leisten. ExoMars soll überzeugende Belege, so genannte Biosignaturen, für Leben finden, sofern es dieses früher dort gab oder sogar heute noch gibt. Dafür sind die wissenschaftlichen Instrumente von ExoMars sehr viel leistungsfähiger als die der beiden NASA-Rover. Der ExoMars-Lander kann tiefer – bis zu zwei Meter – in die Oberfläche bohren.

Die Wissenschaftler der Esa und von Roskosmos haben recht lange darüber nachgedacht, wo genau auf dem Mars der Rover landen sollte. Von welchen Faktoren machen sie ihre Entscheidung abhängig?

Die ExoMars-Mission besteht aus drei Elementen, die mit zwei Raketenstarts zum Mars gebracht werden. Jetzt startet der sogenannte Trace Gas Orbiter (Spurengas-Orbiter) und ein Landegerät namens Schiaparelli. Der ExoMars-Rover, das Kernstück der Mission, wird erst in 2018 zum Mars starten. Bis dahin wird der Spurengas-Orbiter den Mars nach aktiven Methanquellen und anderen Spurengasen sowie nach Wasservorkommen unter der Oberfläche absuchen, die Hinweise auf geologische oder sogar biologische Prozesse liefern. Das Vorkommen und die Verteilung von Methan deuten derzeit auf wichtige aber im Wesentlichen unverstandene Prozesse auf dem Mars hin. Ein weiterer ganz entscheidender Faktor bei der Auswahl der Landestelle wird aber auch die Sicherheit der Landung sein. So sollte der Landplatz nicht nur wissenschaftlich interessant, sondern auch möglichst eben und frei von Hindernissen sein.

Warum soll die Menschheit überhaupt Ressourcen in die Erforschung eines anderen Planeten stecken? Was erwidern Sie der Kritik, das alles geschehe zum Selbstzweck der Raumfahrt?

Dass die Erforschung des Mars reiner Selbstzweck ist, halte ich für uninformierte Kritik. Wir müssen die Entwicklung des Mars und übrigens auch die der Venus verstehen, damit wir Rückschlüsse darauf ziehen können, wie sich die Erde entwickelt hat und wie sie sich in Zukunft weiter entwickeln wird. Wann und wie findet der Übergang von einem lebensfreundlichen Planeten zu einem lebensfeindlichen Planeten statt? Wir wissen, dass die Erde nicht für immer so lebensfreundlich bleiben wird, wie sie es heute ist. Zudem ist die Frage nach der Entstehung und Verbreitung von Leben im Universum wohl eine der wichtigsten wissenschaftlichen Fragen überhaupt.

Am Schluss verlassen wir mal das Fachgebiet: Wie beeinflussen politische Spannungen der letzten Zeit zwischen Westeuropa und Russland die Mission? Stimmen Sie dem Esa-Direktor Jan Wörner zu, dass die Raumfahrt als „Brückenbauer“ wirken kann?

Bereits laufende Raumfahrtprojekte werden von der politischen Großwetterlage zum Glück recht wenig beeinflusst, da sie aufgrund ihrer hohen Komplexität sehr langfristig angelegt sind und die Kooperationsverträge seit vielen Jahren bestehen. Oftmals ärgerlich sind dann höchstens Reisebeschränkungen und andere administrative Hindernisse in der täglichen Zusammenarbeit. Auf zukünftige Projekte kann sich ein gespanntes politisches Verhältnis natürlich schon negativ auswirken. Auf der Arbeitsebene machen sich die politischen Spannungen jedoch nur wenig bemerkbar. Raumfahrtingenieure sind im allgemeinen keine politischen Enthusiasten, die sich untereinander prima verstehen und seit langem kennen und schätzen. Insofern stimme ich der Aussage von Herrn Wörner voll und ganz zu. Die Raumfahrt baut Brücken zwischen den Ländern und führt vor, was in einer friedlichen Welt möglich wäre.

Prof. Dachwalds Web-Tipp zu Raumfahrtthemen