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Auszeichnungen

Wettbewerb Table & Ware

Produktdesign-Studierende entwickeln während der Corona-Pandemie Tische und Designmodelle aus dem Bereich Accessoire

 

Unser Fachbereich, die Werkstatt der Lebenshilfe Aachen und die Demofabrik Aachen waren während der Coronapandemie an einer spannenden Kooperation namens „Table and Ware“ beteiligt: Studierende des Produktdesigns an der FH Aachen entwarfen Modelle für einen Schreibtisch. Einen ausgewählten Entwurf davon wird das Aachener Möbelhaus Mathes ab Herbst in den Verkauf bringen.

23 Designmodelle, davon 16 prototypisierte Tische und 7 Designmodelle aus dem Bereich Accessoire in diversen Materialausführungen entstanden während der Coronazeit unter schwierigen Bedingungen in dem Hybridprojekt „Table and Ware“ unter der Regie unseres Alumnus Tobias Wright und unseres Professors Matthias Rexforth. Die Prototypen wurden dabei in der Demonstrationsfabrik auf dem RWTH Aachen Campus, in unseren Werkstätten sowie in der Holzwerkstatt der Lebenshilfe gefertigt.

In einem abschließenden Wettbewerb wurden jetzt für ausgesuchte Entwürfe Preisgelder in Höhe von 4000 Euro vergeben. Ziel des Wettbewerbes war es, ein serienfähiges Produkt zu entwickeln, welches in Aachen entworfen, entwickelt und produziert wird. Die prämierten Projekte befinden sich nun in der zweiten Stufe der Zusammenarbeit zur Übernahme der Produkte in die Serienproduktion. Von der Jury, bestehend aus geladenen Vertreter:innen aus dem Möbelvertrieb, Hersteller:innen, Architekt:innen und Designer:innen, ausgezeichnet wurden dabei:

Gruppe Table:

  • Design Konzept: Hanna Jansen / Modell „T.O.M“
  • Design Machbarkeit: Sonja Meiners, Sophie Schneider / Modell „TAO“
  • Design System: Jana Kappel / Modell „T.I.S.H“
  • Designqualität: Marie Jane Hemmers / Modell „Elouan Table“

Gruppe Ware:

  • Kategorie Sonderpreis: Isabella Groß / Modell „gemello“

Die geplante Ausstellung zu diesem Projekt findet Mitte November in dem Einrichtungshaus Mathes in Aachen statt.

Einer der Hauptakteure des Projekts ist Professor Matthias Rexforth, der an unserem Fachbereich das Lehrgebiet Interiordesign mit dem Schwerpunkt Möbel verantwortet.

Herr Professor Rexforth, wie ist es zu diesem Projekt und insbesondere zur Beteiligung der Lebenshilfe-Werkstatt gekommen?
Herr Mathes vom Einrichtungshaus Mathes hatte mich kontaktiert und angefragt ob es Interesse gäbe an einem Designprojekt zu arbeiten bei dem diverse Partner der Aachener Unternehmerschaft beteiligt sein würden.
Wir, Herr Mathes, Herr Zimmermann von der Lebenshilfe mit Herrn Wattenmeier sowie Dr. Tuecks von der Demofabrik hatten uns sodann zu einem gemeinsamen Treffen verabredet um die grundsätzlichen Parameter bzgl. der angedachten Konzept - und Produktentwicklung zu erörtern.
Eine Neugestaltung eines Tisches unter dem Aspekt des "Home Office" und "Co - Working" sollte entstehen, welches in Eigenvermarktung durch das Einrichtungshauses Mathes vertrieben werden sollte. Aufgrund der Pandemie stellte sich sehr schnell dar, dass die notwendigen Werkstattkapazitäten in unserer FH Werkstatt nicht ausreichen würden um die Produktentwicklung voranzutreiben, da wir mit recht umfangreichen Nutzungsbeschränkungen der Hochschulwerkstätten durch Covid zu kämpfen hatten. Gemeinsam wollten wir dennoch eine Perspektive für die Studierenden und beteiligten Unternehmen mit deren Mitarbeitern erschaffen, die gerade auch den pädagogischen und psychologischen Anspruch trägt in schlechten Zeiten mit Mut und Zuversicht große Aufgaben zu stemmen. Eines der Ziele war das gemeinsame Wachsen an dem in Aussicht gestellten Projekt und gestärkt aus der sich abzeichnenden Krise herauszugehen. Wir starteten das Projekt Anfang Oktober, mit der Ahnung dass es recht wackelig werden kann ...

Persönlich war es mir wichtig, eine Gruppe von Studienerden von dieser Idee zu begeistern und ihnen im Rückblick auf eine nahezu bleiernde Zeit, die sich bedingt durch die Pandemie auf alles zu legen schien, diese mittels schöpferischer Kraft und Kreativität zu etwas positiven zu transformieren. Durch die Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lebenshilfe und deren Werkstattleitern haben wir darüber hinaus Arbeitsprozess in angewandte praktische Inklusion ermöglicht. Die gelebte Zusammenarbeit, das miteinander Erschaffen von Neuem, der unmittelbare Austausch stieß auf unglaublich viel Neugierde und zu einer insgesamt wohltuende Sicht auf die Vielfältigkeit des Lebens.Wir alle sind letztlich Bestandteil einer sozialen Skulptur die voneinander und füreinander belebt wird. Der Begriff Design wird oftmals durch das nicht Wissen welche umfangreichen Aufgabenstellung und Konsequenz die gestalteten Dinge in unserem Leben einnehmen, verfälscht. Designer gestalten für den Menschen und mit den Menschen. Sie analysieren auf vielfältigste Weise das Umfeld der Nutzer und Kunden. Je weiter das Feld, je größer die Diversität, desto größer der Lerneffekt und die neuerweiterte Wahrnehmungsempfindung. All das beherbergt die Energie der schöpferischen Kraft, die sich nicht nur in der Schaffung von Dingen zeigt. Der Prozess ist der Weg des Lebens.

Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an dieser Kooperation?
Das Portfolio der beteiligten Unternehmen reichte von hochspezialisierten Partnern aus der Metallfertigung, welche über eine High end Performance in der digitalen Prozesssteuerung Industrie 4.0 der jeweiligen technischen Abläufen verfügt / Demofabrik, sowie der Kompetenz in der Holztechnik, welche uns durch die Lebenshilfe zur Seite gestellt wurde sowie designspazialisten aus dem Möbelhandel wie wir ihn mit Herrn Mathes mit all seiner Design - und Kundenkenntnis angetroffen haben. Alle Partner haben uns sehr wohlwollend und stellenweise auch mit sehr viel Geduld und Zuspruch unterstützt. Da die Partner selbst diese Krise handeln mußten waren die Gegebenheiten recht fragil und wir hatten organisatorisch vieles zu leisten um die Umsetzung in den Werkstätten irgendwie zu stemmen. Andererseits gibt es derzeit kaum eine Hochschule die im Produktdesign Modelle umsetzt und erstellt. Das ist ein immenser Vorteil für unsere Teilnehmer da sie nun in Folge bereits zwei Semester wenn auch unter erschwerten Bedingungen verwertbares generieren konnten. Das alles läßt sich nur im Team umsetzten. Daher gilt der Dank ebenso meinen Mitarbeitern und den teilnehmenden Studierenden.

Das Besondere sind sicherlich die Menschen und deren unterschiedlichen Motivationen sich dem Leben und der eigenen Aufgabe und Bestimmung zu stellen. Meine Bewunderung ist da ganz klar auf die Möglichkeit des Miteinander gerichtet. Übergreifend gleich welchem Kern wir entspringen. Ich erachte solche Herangehensweisen in den übergreifenden Prozessen als die, welche sich im fachpraktischem und akutem Leben spiegeln. Eine sehr intensive Erfahrung die es uns immer wieder möglich macht unseren eigenen Standpunkt zu reflektieren. Darüber hinaus ist es mir eine Freude die Studierenden in Prozessen einzubinden die unterschiedlicher nicht sein können. Alle Bereiche werden abgebildet, vom schöpferischen kreativen, über das Teamwork und das Einbringen von sozialer Kompetenz im gesellschaftlichen Kontext. Die Schnittstelle kann man im übertragenen Sinn auch im Mischungsverhältnis Technik versus Mensch, digital / analog, Empathie und Wesensförderung betrachten. Der Bereich der insgesamt Designentwicklung von der ersten Idee bis hin zum Prototypen mit all den Herausforderungen als integrativer Prozess vom Sein zum Werden ist da elementar aufgrund der doch sehr intensiven Bearbeitung des Konzeptes in allen Disziplinen. Und gleichzeitig das Wissen hierüber das das, was entstehen kann auch ein Serienprodukt mit einem angegliedertem Lizenzvertrag honoriert werden kann, wohlwissend das Scheitern mit einzubeziehen. Ein Möbel als Prototyp ist da sehr ehrlich und authentisch. Am Modell läßt sich nichts verbergen. Unter diesem Eindruck zu arbeiten, Ideen zu verfolgen, an sich selbst zu glauben und auch berechtigt zu zweifeln erachte ich als Schulung am eigenem Leben. Studium eben, (lateinisch studere „[nach etwas] streben, sich [um etwas] bemühen“ Das ist heute elementarer denn je. Wenn Sie sich die überregulierten institutionellen Vorgehensweisen anschauen kann man die Wirklichkeitsentfremdung sehr gut schmecken.

Wie sieht die Unterstützung unserer Holzwerkstatt konkret aus und welche Erfahrungen machen Ihre Studierenden mit unseren (behinderten) Beschäftigten?
Durchweg sehr positiv. Wie ich schon sagte erachte ich dieses miteinander als wichtigen Moment Erfahrungen und soziales Verhalten zu teilen und uns gemeinschaftlich wieder neu zu konfigurieren Das wissen um das Vorhandensein von Diversität in gelebter angewandter Ausführung ist für mich lebendige, aktive Wahrnehmung, ist somit ein integrativer Baustein unseres Menschseins. Das müssen wir immer wieder kultivieren und uns ins Bewusstsein zurück rufen. Design ist immer am Menschen orientiert und sollte diesem dienen. Leider wird das aufgrund des parazitären Eroberungskapitalismus immer öfter in Frage gestellt. Design dient leider dann auch schon mal der Ersatzbefriedigung aufgrund der inhaltlichen Leere. Da entstehen die Fragen zur tatsächlichen Nachhaltigkeit und Konsumkritik. Aber das ist eine andere Thematik, der wir uns ebenso dringlich stellen müssten.

Wie viele Entwürfe werden zur Wahl stehen und welche Kriterien wird die Jury anlegen?
Wir haben derzeit ca. 20 Tischentwürfe und zehn Entwürfe aus dem Bereich Accessoires. Hier handelt es sich um keramische, funktionale Strukturen die im dritten Semester erstellt wurden. Dieses Projekt haben wir begleiten zu dem Table Projekt initiiert um auch hier bereits die Wirksamkeit zwischen den unterschiedliche Produktwelten abzubilden. Gleichwohl ist die latente Abhängigkeit der Projektinhalte ein guter Weg Produkte in Szenarien und Produktwelten zu lesen, also Einschulung von Sichtweisen die den Blick auf Szenarien und nicht dem Einzelprodukt richten. Das Schafft ein größeres Verständnis von Koexistenz und gewollter Abhängigkeit der Dingwelt untereinander.

Geplant ist ja eine Serienproduktion. Wird es eher ein exklusives oder ein massentaugliches Produkt sein?
Ziel ist hier ganz klar die breite Nutzungsmöglichkeit, welche mit dem Serienprodukt einhergehen soll. In der Konzeption haben wir explizit auf diese Details der technischen Umsetzbarkeit und die Möglichkeit der Serienproduktion geachtet. Ungeachtet dessen ist es uns als Hochschule natürlich auch wichtig Individualität in der schöpferischen Interpretation und der Gestaltungskonzeption seitens der Studierenden zu zu lassen und zu fördern. Ein didaktisches Anliegen meinerseits ist es von je her auf die jeweiligen angehenden Gestalter einzugehen und ihren besonderen kreativen, gestalterischen Duktus zu begleiten. Bei alle dem steht das „Machen“ und sich dadurch zu „Begreifen" an vorderster Stelle.

Das Interview führte Herr Siebert Gossen für die Lebenshilfe und die angeschlossenen Projektpartner Demofabrik und Mathes Einrichtungshaus Aachen mit Matthias Rexforth.